zum Gedenken

IMMER DAGEGEN

eine satirische Lektion über Sinn und Unsinn einer Schulordnung.

(stark gekürzt)

Der Autor, Günther Reiche, schrieb seine Satire aus dem Blickwinkel eines sehr kritischen Pädagogen, der sowohl lange Zeit in der DDR wie auch in der BRD den Lehrerberuf ausübte. Während seiner engagierten Arbeit mit Jugendlichen stellte er nicht selten fest, dass das schulische Zusammenleben von Schülern und Lehrern durch zu viele Regeln und Verordnungen erschwert wird.

Inhaltsverzeichnis

  • Vorwort
  • Schulordnung - Fassung für das laufende Jahr
  • Regeln für Schüler
  • Goldene Regeln eines Lehrers
  • Ausrüstung für Schüler
  • Zensuren und ihre Auslegung
  • Die Schule im Wandel der Zeiten
  • Prinzipien der Arbeit
  • Pädagogische Weiterbildung
  • Anregung zur Unterrichtsarbeit
  • Ausreden
  • Zitate von Lehrern
  • Vorwort

    Die Lektion "IMMER DAGEGEN" stemmt sich gegen die Ordnung - oder muss man treffender sagen Unordnung - an den Schulen. Als Gegenprogramm, als eine ORDENTLICHE SCHULORDNUNG, ist sie in einem jahrelangen Prozess gereift: Ein Ergebnis mühevoller pädagogischer Kleinarbeit! Obgleich an einer Berufsschule erarbeitet, ist sie mit geringfügigen Änderungen auf alle anderen schulischen Einrichtungen von der Grund- oder Hauptschule bis zur Hochschule übertragbar. Diese Lektion schafft eine Ordnung, mit deren Hilfe sich die pädagogische Situation an allen Schulen widerstandslos bis zum idealen Zustand verbessern wird. Von großen Schülerpersönlichkeiten wird diese Schulordnung gleichermaßen selbstverständlich angenommen wie vom kleinsten Pädagögchen.

    Deshalb bietet "IMMER DAGEGEN" diese Schulordnung zum Wohle aller Schüler und all derjenigen an, die bisher glaubten, in schulische Angelegenheiten hineinreden zu müssen. Das wird in Zukunft nicht mehr nötig sein. Die Schule wird sich in allen Gesellschaftsschichten ihren alten guten Ruf zurückerobern.
    Selbstverständlich ist dieses Ziel nicht so einfach zu erreichen. Es sind viele begleitende Maßnahmen erforderlich, auf die in dieser Lektion eingegangen wird. Seien es nun Regeln für Schüler oder für Lehrer, oder die Erläuterung der Zensuren. Einen breiten Raum nehmen auch Rundschreiben ein, die zur Information, zu ersprießlicher gegenseitiger Zusammenarbeit und zur Förderung des allgemeinen Wohlbefindens in der Schule beitragen.
    Bei der Verwirklichung aller hier zusammengetragenen Erfahrungen können wir einer rosigen Zukunft der Schulen getrost entgegensehen.

    Grundlagen der Ordnung an Schulen.

    Schulordnung - Fassung für das laufende Schuljahr

    Die Schulordnung ist zur Kenntnis zu nehmen. Sie tritt ohne Zustimmung des Lehrerkollegiums und der Elternkonferenz in Kraft und benötigt nicht die Unterschrift der Schulleitung.

    Regeln für Schüler

    Goldene Regeln eines Lehrers

    Ergebnis:
    ICH BIN EIN GUTER LEHRER. ICH WEIß ES!

    Ausrüstung für Schüler

    Was der Schüler brauchtWas der Schüler hat
    Schultasche
    Fachbücher
    Schreibpapier
    Bleistift
    Kuli
    Farbstifte
    Zeichenblock
    Zirkel
    Zeichendreieck
    Schablonen
    Taschenrechner
    Plastiktüte
    Bild-Zeitung
    Zigaretten
    Feuerzeug
    Flaschenöffner
    Kaugummi
    Fuchsschwanz
    Piercing
    Colaflasche
    Groschenhefte
    Handy

    Z e n s u r e n und ihre volkstümliche Auslegung

    Note wird erteilt,
    1 (sehr gut) wenn es der Schüler besser weiß, als der Lehrer.
    2 (gut) wenn es der Schüler so gut weiß, wie der Lehrer.
    3 (befriedigend) wenn es der Schüler weiß
    4 (ausreichend) wenn der Schüler weiß, wo es geschrieben steht.
    5 (mangelhaft) wenn der Schüler jemand kennt, der weiß, wo es geschrieben steht.
    6 (ungenügend) wenn der Schüler glaubt, jemand zu kennen, der vielleicht wüsste, wo es stehen könnte.

    Die Schule im Wandel der Zeiten

    Prinzipien der Arbeit

    Pädagogische Weiterbildung

    1. Einmal im Jahr haben die Lehrer ihren Pädagogischen Tag. - Und was machen sie an den anderen Tagen?
    2. Der Pädagogische Tag fördert die Bildung. Die Bildung eines Halbkreises der Gruppenmitglieder um den Moderator. Da die Bildung innerhalb des Hauses erfolgt, ist es keine Fortbildung. Glücklicherweise. Sonst wäre die Bildung ja fort.
    3. Im Protokoll vom Pädagogischen Tag sollte neben den Namen der Redner auch der Name des Zuhörers erwähnt werden.

    Anregung zur Unterrichtsarbeit

    Die Aufforderung, die Schüler in der Einstimmung für das Unterrichtsthema zu fesseln, sollte nicht zu wörtlich genommen werden.

    Hinweise zur Einstimmung:

    1. Für das Thema "Schlichtung im Arbeitskampf" empfiehlt sich eine Modezeitschrift, um zunächst einmal zu klären, was schlicht und doch elegant ist.
    2. Beim Thema Kupplungen geht man davon aus, wie sich eine Heiratsvermittlerin oder ein Heiratsvermittler einen Kuppelpelz verdienen.
    3. Zum Thema Kurzschluss ist keine Einstimmung nötig. Man macht kurz Schluss.
    4. Je länger Sie für die Einstimmung brauchen, desto weniger Unterricht müssen Sie halten.

    Nicht für den Dienstgebrauch! - Ausreden

    Wie aus völlig unzuverlässiger Quelle verlautet, soll in einer nicht näher bezeichneten, aber hinreichend bekannten Abteilung ein Ausredenkatalog entwickelt werden, der es dürftigen - muss wohl heißen bedürftigen - Kollegen erleichtern soll, sich von gemeinsamen Veranstaltungen und Ausfahrten des Kollegiums zu drücken.

    Ausrede 1
    An geselligen Zusammenkünften des Kollegiums nimmt nur die Elite teil.
    Ich gehöre nicht dazu!

    Ausrede 2
    Die Veranstaltung dauert länger als der Unterricht, den ich halten muss, sodass ich über Gebühr beansprucht werde. Damit meinen Schülern gegenüber den anderen Klassen kein Nachteil erwächst, lasse ich den in der Betracht kommenden Zeit meinen Unterricht ausfallen.
    Ich bin korrekt!

    Ausrede 3
    Am Tag der Veranstaltung habe ich keinen Unterricht.
    Ich gehe nach Plan!

    Ausrede 4
    Meine Teilnahme hängt von der Teilnahme der Schulleitung ab. Einen persönlichen Vorteil erhoffe ich mir nur, wenn ich devot hinter meinem Schulleiter herdackeln kann und für würdig befunden werde, am Fußende seines Tisches sitzen zu dürfen.
    Ich bin der Nächste!

    Ausrede 5
    Zu meinen Kollegen habe ich keinerlei Kontakt und weiß weder, wo ich ihn suche, noch wo ich ihn finden kann.
    Ich kenne niemanden!

    Ausrede 6
    Geselliges Beisammensein und Ausfahrten sind mit Kosten verbunden. Als Beamter auf Lebenszeit habe ich ein Anrecht darauf, dass der Staat dafür aufkommt.
    Ich bin sparsam!

    Ausrede 7
    Über meine freie Zeit verfüge nicht ich, sondern meine Frau.
    Ich bin verheiratet!

    Ausrede 8
    Zum Zeitpunkt der Veranstaltung habe ich etwas besseres vor.
    Ich bin es auch!

    Zitate von Lehrern

    Aus dem Zusammenhang gerissen.


    © infos-sachsen / letzte Änderung: - 24.07.2023 - 17:50