Gedanken zum Islam
Gedanken und Aussagen zum Islam Das Kopftuch ist Symbol der Geschlechter-Apartheid

Zana Ramadani ist zwei Mal geflohen: Erst vor dem Balkan-Krieg, dann vor ihrer Mutter, die sie zur sittsamen Muslimin machen wollte. Jetzt ist Ramadani 33 Jahre alt, Feministin und CDU-Mitglied. Im Deutschlandfunk kritisierte die Ex-Femen-Aktivistin die Islamverbände: "Für mich sind das islamistische Verbände."

Die Autorin und ehemalige Femen-Aktivistin Zana Ramadani über ihr neues Buch: "Die verschleierte Gefahr" (imago)


Zana Ramadani im Gespräch mit Monika Dittrich

Monika Dittrich: Frau Ramadani, in Ihrem Buch haben Sie die beiden Worte "islamisch" und "islamistisch" denkbar eng miteinander verklebt. Bei Ihnen sind das keine zwei Worte mehr. Sondern Sie schreiben "islami(sti)sch" und stellen das "sti" innerhalb dieses Wortes in Klammern. Das klingt, als wäre das Extremistische, das Radikale und Fundamentalistische im Islam grundsätzlich und immer schon enthalten. Ist das so?

Zana Ramadani: Ja. Es ist so. Man kann ja durch die Suren, durch die Hadithen und durch die Sunna Mohammeds, sehr vieles belegen, was es bedeutet, was Politik ist und was das Radikale bedeutet. Und das ist ja das, was die Terroristen oder radikale Menschen heutzutage ja auch mit begründen. Die Texte gibt es, die sie zu Hilfe nehmen. Und deswegen ist das natürlich ein Teil dieses Gesamtkonstrukts Islam.

Dieser Teil muss bekämpft werden und der hat einfach mit spirituellem Glauben nichts zu tun. Dieser undefinierbare Islam, der momentan weltweit herrscht und auch zum größten Teil gelebt wird, ist ein Teil leider davon.

"Dieser Teil des Islams muss bekämpft werden"

Alle monotheistischen Religionen sind sehr gewalttätig und gewaltbereit. Natürlich haben sich andere Religionen schon größtenteils davon emanzipiert. Leider fehlt es in der islamischen und muslimischen Community ganz stark, also im Islam ganz stark, das erst mal klar zu benennen. Und sobald man das klar benennt, kann man das erst wirklich bekämpfen. Deswegen ist dieses Islam-Mantra - "Das hat mit dem Islam nichts zu tun" - so extrem gefährlich.

Diese Sachen, die in den Texten vorliegen und die bis heute noch gelebt werden, die man damit relativiert und man außerhalb so tut, als gäbe es sie gar nicht. Ich kann nur etwas bekämpfen, was ich klar benenne.

"Leiden an einer falschen Moral"

Dittrich: Sie stammen aus einer muslimischen, albanischen Familie, sind mit sieben Jahren als Kriegsflüchtling nach Deutschland gekommen. Ihre Mutter beschreiben Sie in Ihrem Buch als strenge Muslimin, die für ihre Tochter ein ganz bestimmtes Leben vorgesehen hatte, nämlich auch als strenge Muslimin. Diesem Leben sind Sie mit 18 Jahren entflohen in ein Frauenhaus.

Ramadani: Ich habe diese biografischen Geschichten und Erfahrungen mit hinein genommen, um vieles zu erklären und den Leuten begreiflich zu machen, was es bedeutet, wenn man eigentlich nicht aus einer streng religiösen Familie kommt, sondern aus einer ganz einfachen, recht liberalen Durchschnittsfamilie, und wie sehr man trotzdem unter diesen Werten und unter dieser falschen Moral leiden muss und leidet.

Meine Mutter hat streng erzogen. Aber sie war jetzt von der Auslegung her ... also, sie hat nie ein Kopftuch getragen, sie hat nicht fünf Mal am Tag gebetet. Aber trotzdem hat sie sich gerade in Deutschland ganz viel Halt und Sicherheit versucht, in dem Vertrauten zu finden. Und das ist die Erziehung gewesen. Und die war recht streng und konservativ, weil ihre Familie sehr konservativ und streng ist.

Und doch waren wir eine ganz normale Durchschnittsfamilie, keine Hardliner, keine Fundamentalisten; und doch sind diese Durchschnittsfamilien in diesen Werten und in dieser falschen Moral und diesen negativen Religionsinhalten noch so verhaftet, dass es ganz schwer ist, sich davon zu lösen ab einem gewissen Alter.

"Islamistische Verbände"

Natürlich ist nicht jede Familie so. Aber jede Familie kennt mindestens eine Familie, die genauso ist. Und in der ganzen islamischen Welt, auch in Deutschland, ist es die Mehrheit, die wirklich so zwiegespalten ist zwischen Werten und Moral und der westlichen Welt. Und manche sind stark genug, sich da rauszuarbeiten, zu kämpfen. Zum Beispiel war das einerseits mein Vater, aber meine Mutter war nicht stark genug.

Umso wichtiger ist es, dass man die Kinder erreicht und den Kindern ein offenes Leben außerhalb der Familien ermöglicht, damit die nächsten Generationen eine Identität entwickeln, wie ich sie entwickelt habe.

Muslime haben eine sehr romantisierte Form des Islams im Kopf. Abgesehen davon haben die Islamverbände in den letzten zehn, 15 Jahren großartige Arbeit geleistet. Für mich sind das nicht Islamverbände, sondern islamistische Verbände.

Ich meine das sehr ironisch. Sie haben Integration geleistet, indem sie immer wieder die Menschen daran erinnert haben, die Ausländer, die Migranten daran erinnert haben, dass sie erstens Muslime sind und zweitens Türke, Albaner, Araber oder sonst etwas sind und drittens vielleicht irgendwann mal Deutsche. Aber sie werden nie wirklich Deutsche werden und sie dürfen keine deutsche Identität entwickeln. Und das ist das, was die Verbände in den letzten zehn, 15 Jahren getan haben. Und unsere Politik hat diese Islamisten noch hofiert.

Dadurch haben Menschen - zweite, dritte Generation - mittlerweile eine neue Identität entwickelt, und zwar das Moslem-Sein. Das ist die neue Identität, nicht die Identität "ich bin Albaner", "ich bin Araber", "ich bin Türke", sondern "ich bin zu allererst Moslem".

"Ein Mensch ist mehr als sein Glaube"

Das sich jeder in einem Identitätskonflikt irgendwann befindet, gerade als Migrant, da muss ich zugeben, das hatte ich genauso. Ich habe mich auch vor zwei Jahren in so einem Identitätskonflikt befunden. Ja, ich kann das einerseits verstehen. Aber andererseits - nein! Die deutsche Gesellschaft ist nicht nur daran schuld. Das sind nicht alles Rassisten, sondern ganz im Gegenteil. Ich wurde immer sehr offenherzig und sehr warmherzig empfangen. Ich war immer ein Teil dieser Gesellschaft, weil ich immer ein Teil dieser Gesellschaft sein wollte. Ich habe mich nicht abgegrenzt.

"Mehrheitsgesellschaft ist nicht rassistisch" (picture-alliance / dpa / Silke Reents)

Und gerade auch so hochgebildete Migranten, also Deutsche mit Migrationshintergrund, die diese neue extreme Identität des Moslem-Seins entwickeln, das ist so völlig absurd. Sie sehen die Religion als ihre Identität. Und für mich gehört natürlich, wenn man gläubig ist, die Religion oder der Glaube zur Identität dazu, aber sie kann niemals eine Identität ersetzen. Weil ein Mensch ist ja mehr als nur sein Glaube. Also, ich glaube, es ist auch einfach, sich in der Opferrolle auszuruhen und zu sagen: 'Ja, ihr lasst mich ja nicht ankommen.' Man muss sich auch selber bemühen, wirklich anzukommen und nicht immer anecken zu wollen.

"Religionsfreiheit bedeutet nicht, dass jeder alles machen kann, was er will"

Es gibt immer Spinner, auf beiden Seiten und auch auf der deutschen Gesellschaft. Es gibt die Spinner, die natürlich sagen: 'Nein, wir wollen gar keine Ausländer.' Das sind wirklich Rechte. Aber die werden auch von der deutschen Gesellschaft hart bekämpft. Ich habe aber in meinem Leben die Erfahrung gemacht und ich bin nicht hier geboren worden und ich habe eine komplett deutsche Identität entwickeln können. Aber ich habe diese Identität so großartig entwickeln können, weil ich mich der Mehrheitsgesellschaft auch hingegeben habe. Weil ich mich auch diesen Werten hingegeben habe und damit auch diese Werte respektiere.

Und sobald ich diese Werte respektiere, respektiere ich ja auch die Menschen und auch die Mehrheitsgesellschaft. Und die Mehrheitsgesellschaft ist nicht rassistisch. Die Mehrheitsgesellschaft ist in Deutschland humanistisch und die ist bereit zu helfen. Aber die ist nicht bereit, sich auf der Nase herumtanzen zu lassen oder sich ständig als Nazi beschimpfen zu lassen.

Die Bringschuld wird von Deutschland, von der Mehrheitsgesellschaft, ich zähle mich dazu, erbracht. Wir helfen. Wir versuchen, Flüchtlingen, die Asyl kriegen müssen und die zu uns kommen und Hilfe benötigen, zu helfen. Aber wir können Menschen nicht helfen, die eigentlich erst mal nicht unter Asylrecht fallen oder hier niemals ankommen wollen.

"Was nicht kritisiert werden darf"

Dittrich: Sie werfen der deutschen Gesellschaft aber schon Toleranzwahn vor. Was meinen Sie damit?

Ramadani: Oh ja, wir haben hier natürlich ein ganz großes Problem. Das sieht man ja bei den Teddywerfern, dass der Toleranzwahn momentan auch ganz groß...Als die Flüchtlingswelle kam und sich ganz viele Deutsche auf einmal an die Bahnsteige begeben haben und Teddys..., da fing ja schon der Wahn an. Ich war ja so völlig perplex. Ich dachte, die Menschen die wollen keine Teddys haben. Die wollen hier zur Ruhe kommen und wir müssen sehen, dass wir das organisiert kriegen. Andererseits entwickelt sich das momentan so, dass man alles, was westlich ist, kritisieren darf, aber alles, was eine andere Kultur innehat, nicht kritisiert werden darf. Also, gerade auch, was die muslimische Kultur, was den Glauben angeht. Was den muslimischen Glauben angeht, den darf man nicht hinterfragen, den darf man nicht kritisieren, weil sonst ist man sofort ein Rassist. Für mich ist das nicht Rassismus.

Politische Korrektheit, die momentan so ausartet, dass es sich zu einem Wahn entwickelt hat.

Und die einen sagen: ‚Ja, wir müssen darüber reden und wir dürfen hier alles kritisieren, aber wir trauen uns nicht.' Die anderen sagen: ‚Nein, das darf man gar nicht.' Und ich merke, dass ein Teil der linken Szene, gerade alle, die jünger sind als ich, momentan so völlig durchdrehen. Und wofür ich immer dankbar war, das gehörte immer dazu, dass ich alles hinterfragen und kritisieren darf.

"Das Kopftuch steht für Geschlechterapartheid"

Wir haben ja hier einige Kopftuchlobbyistinnen, die hervorragend argumentieren. Unter den Argumentationen kommt: 'Ich trage das freiwillig, mein Hidschab ist mein Schutz, ich trage meinen Hidschab, um mich vor dem Benehmen anderer zu schützen, ich trage meinen Hidschab, um als Mensch wahrgenommen zu werden und ich trage meinen Hidschab, weil es meine Sittlichkeit zeigt'. Und wenn man sich die religiösen Texte nimmt und die Aussagen vieler Imame heutzutage auch in Deutschland nimmt - da steht genau, was ein Hidschab bedeutet und wieso eine gläubige Muslimin einen Hidschab tragen will. Und zwar: Sie zeigt damit ihre Religiosität und sie zeigt damit, dass sie nicht belästigt werden will. Was sagt mir das dann als Frau, die keinen Hidschab trägt?

Der Hidschab ist ja dafür da, um die weiblichen Reize zu verhüllen. Dieses Symbol steht ganz klar für Geschlechterapartheid und Geschlechtertrennung. Wir haben uns da rausgekämpft. Wir haben uns extrem da rausgekämpft. Und da sind wir der Frauenbewegung so dankbar für.

Wie kann ich als Frau erwarten oder das tolerieren, dass Frauen fordern - und das tun die ja dann auch, weil sie zeigen das ja auch der nächsten Generation, dass es das Richtige ist in ihren Communities so herumzulaufen - dass man sich entweiblichen muss, und dass Geschlechter wieder voneinander getrennt werden müssen, damit das System wieder funktioniert. Also, das sind klare Rollenmuster, die wir bis heute noch bekämpfen. Wir kämpfen für Gleichberechtigung, Gleichstellung und Gleichwertigkeit zwischen Mann und Frau, kämpfen für Lohngleichheit - und jetzt stellen wir uns hin und kämpfen für genau das Gegenteil, für die Frauen, die genau das Gegenteil wollen?

Jede monotheistische Religion ist frauenverachtend. Die anderen Religionen, da hat sich vieles getan und vieles hat sich da entwickelt, weil sie sich von diesen negativen Religionsinhalten ... die evangelische Kirche ist weiter als die katholische Kirche, das wissen wir. Bei den Katholiken ist auch sehr viel, was im Umbruch ist. Aber der Islam hinkt auf der ganzen Welt hinterher und in Deutschland auch.

"Jeder ist unterdrückt und Unterdrücker"

Ich will das Kopftuch in bestimmten Situationen, in bestimmten Gebäuden in der Öffentlichkeit verbieten. Das muss so sein, weil Neutralität muss gegeben werden. Wir haben hier Religionsfreiheit. Aber Religionsfreiheit bedeutet nicht, dass jeder alles machen kann, was er will. Und meine Religionsfreiheit hört dort auf, wo ich die Religionsfreiheit eines anderen beeinträchtige und beeinflusse und berühre.

Religionsfreiheit bedeutet auch, dass ich frei von Religion leben kann in meinem Alltag. Das bedeutet, wenn der Arbeitgeber sagt‚ keine religiösen Symbole, dann muss das so eingehalten werden, ohne Wenn und Aber. Jeder hat die Wahlmöglichkeit, dann zu gehen. Aber ich möchte auch nicht von meiner Arbeitskollegin neun Stunden am Tag mit ihrem Kopftuch, mit ihrem religiösen Symbol, wenn man das jetzt nur als religiöses Symbol sieht, ich möchte dem nicht ausgesetzt werden. Weil ich muss mich dann jeden Tag damit beschäftigen.

In dieser Welt, kann ich Ihnen sagen, ist jeder unterdrückt und Unterdrücker. Jeder ist Opfer und jeder ist Täter. Die Frauen haben in den Häusern aber sehr viel Macht, weil sie erziehen ja die Kinder. Und im Westen ist es so, dass die Frauen das noch extremer weitergeben, weil die Gefahren ja im Westen viel größer sind als in den Herkunftsländern. Die Gefahren sind im Westen viel größer, die Familienehre zu verletzen, die sich ausschließlich zwischen den Beinen der Tochter befindet, also in der Sexualität der Tochter.

Und dadurch erziehen sie natürlich extremer. Und eine Mutter ist verantwortlich dafür, dass die Familienehre aufrechterhalten wird. Weil, wenn sie die Tochter nicht richtig erzogen hat und richtig gut und sittlich erzogen hat und diese dann die Familienehre verletzt, ist nicht nur die Tochter daran schuld, sondern auch die Mutter. Und dann achtet die Mutter extrem darauf, dass das nicht passiert.

"Gesetz, das Islamisten in Schach hält"

Dittrich: Frau Ramadani, Sie sind Mitglied der CDU. Ihr Parteifreund Jens Spahn hat dieser Tage den Vorschlag gemacht, ein Islamgesetz zu erlassen. Was halten Sie davon?

Ramadani: Es hört sich erst mal negativ an, aber es ist momentan ganz dringend nötig. Vor allem, um die Verbände in Schach zu halten und denen gewisse Regeln aufzuzwingen, weil anscheinend funktioniert das mit Bitten und Betteln und Fordern nicht. Sondern wir brauchen scheinbar ein Gesetz, was diese Menschen in Schach hält, diese Islamisten in Schach hält. Wir können zwar so ein Gesetz an sich nicht direkt nur auf den Islam beziehen, sondern ich denke, dass das auf alle Religionen bezogen werden muss. Aber Tatsache ist: Wir haben hier kein Problem mit den Buddhisten, mit den Hinduisten oder sonst was. Wir haben hier ein ganz großes Problem mit Islamisten.


Das komplette Interview auf DLF 07.04.2017


© infos-sachsen / letzte Änderung: - 17.04.2024 - 17:08