Wider dem Vergessen
FOCUS-Online-Reporter Göran Schattauer
Donnerstag, 15.07.2021, 08:51
Am 18. Oktober 2018 gegen 2.20 Uhr ging im sächsischen Chemnitz ein türkisches Restaurant in Flammen auf. Dass bei dem Inferno niemand starb, war Zufall. In den Mietwohnungen über dem lichterloh brennenden Lokal "Mangal" hielten sich zur Tatzeit 15 Menschen auf. Sie konnten rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden, eine Mieterin wurde durch die giftigen Rauchgase leicht verletzt. Sachschaden: rund 500.000 Euro.
Fast noch schneller als die Chemnitzer Feuerwehr reagierte die Polit-Prominenz. Die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) empörte sich: "Was heute Nacht geschehen ist, ist aufs Schärfste zu verurteilen. Wie hasserfüllt, verantwortungslos und feige müssen diejenigen sein, die so etwas tun?" Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sinnierte öffentlich über einen "fremdenfeindlichen, rassistischen Hintergrund'. Sein Parteikollege und Innenminister Roland Wöller sprach von einer "verabscheuungswürdigen Tat".
Verabscheuungswürdig war die Tat auf jeden Fall. Doch der von den Politikern vermittelte Eindruck, bei dem Brandanschlag handele es sich um das Werk von Rechtsextremisten, ist offenbar falsch. Mittlerweile richtet sich der Tatverdacht gegen zwei Männer, die definitiv keine Neonazis sind.
Es handelt sich um den kurdischen Besitzer des abgebrannten Restaurants Mehmet Ali T. (49) und seinen mutmaßlichen Komplizen Yalcin E. (35). Die beiden Männer wurden am 7. Juli 2021 festgenommen. Gaststätten-Boss Mehmet Ali T. kam sogar in Untersuchungshaft und sitzt derzeit in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Dresden.
Nach Informationen von FOCUS Online ermittelt die Chemnitzer Staatsanwaltschaft gegen das Duo wegen versuchten Mordes in 15 Fällen in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung und Betrug
Wenn es stimmt, was die sächsischen Ermittler bislang herausfanden, dann haben sich Politiker wie Kretschmer und Ludwig nicht mit einem Opfer fremdenfeindlicher Gewalt solidarisiert, sondern - unwissentlich - mit einem mutmaßlichen Kriminellen. Die beiden Volksvertreter hatten Mehmet Ali T. im November 2018 medienwirksam in seinem verkohlten Lokal besucht. Später schüttelte sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dem Gastwirt mit Migrationshintergrund die Hand, der sich als Opfer des "rechten Terrors" in Chemnitz ausgab.
Unmittelbar nach dem verheerenden Feuer hatte das "Mangal"-Team Fotos aus dem zerstörten Gastraum bei Facebook gepostet ("Leider ist alles abgebrannt") und damit eine Welle der Empörung ausgelöst. Eine Userin schrieb: "Lasst den Menschen, die scheinbar so viel Wut und Hass in sich tragen, nicht die Genugtuung, euch von hier vertrieben zu haben." Ein anderer Nutzer rief zum Kampf gegen "diese elendigen Nazis" auf, die nicht nur für ihn zweifelsfrei als Täter feststanden.
Gestreut wurde dieser "Verdacht" vor allem durch einen Mann: "Mangal"-Inhaber Mehmet Ali T. Der heute 49-Jährige ließ praktisch keine Gelegenheit aus, den Brandanschlag Rechtsextremisten in die Schuhe zu schieben. Schon wenige Stunden nach der Tat sagte er der "Bild"-Zeitung: "Wenn sich herausstellen sollte, dass es wirklich Rechtsextreme waren, werde ich Chemnitz wohl wieder verlassen. Dann ist es mir hier nicht mehr sicher genug."
CHEMNITZ Ein Interview zur Situation in Chemnitz: "Das Gewaltmonopol des Staates konnte nicht durchgesetzt werden"
(Anm. von mir: Wenn das Gewaltmonopol des Staates nicht dazu genutzt wird das Leben seiner eigenen Bürger zu schützen, dann gibt es irgendwo Schwierigkeiten in der Verständigung.)
Bild: Sean Gallup/dpa
Im November 2019 zimmerte die Deutsche Presse-Agentur (dpa) ein rührendes Porträt des türkischen Gastwirts zusammen, der seit 1994 im Raum Chemnitz lebt. Überschrift: "Der Anschlag und die Angst". Mehmet Ali T., dessen Nachname damals noch voll ausgeschrieben wurde, erklärte dem Reporter seine Haltung zu Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit. Er sagte: "Ich bin mehr als besorgt über die Lage in Deutschland." Und natürlich seien die Täter, die sein Restaurant angezündet haben, "im Kreis von Rechtsradikalen zu suchen".
Zugleich übte der Zuwanderer massive Kritik an den Ermittlungsbehörden. "Die Polizei hat gar nichts ermittelt", schimpfte Mehmet Ali T. angeblich tief frustriert. Zitiert wird er auch mit dem Satz: "Das macht uns ein bisschen Angst, wenn die Polizei, die uns von unseren Steuergeldern schützen soll, sich so blöd hinstellt."
Ganz so "blöd" wie der türkische Gastarbeiter-Sohn meinte, waren die Ermittler des Landeskriminalamts (LKA) Sachsen offenbar doch nicht. Vor wenigen Tagen, am 7. Juli 2021, legten Polizisten Mehmet Ali T. Handschellen an. Damit endete das offenkundige Märchen von "rechten Anschlag" in Chemnitz. Jetzt geht es um versuchten Mord und Versicherungsbetrug!
Nach Informationen von FOCUS Online kassierte Mehmet Ali T. für den Feuerschaden in seinem Restaurant rund 300.000 Euro von der Sparkassen-Versicherung. Das war zwar weniger als der Unternehmer erhofft hatte, aber offenbar genug, um ein neues Lokal außerhalb von Chemnitz zu eröffnen. Sollte sich herausstellen, dass Mehmet Ali T. selbst hinter dem Brandanschlag steckt, dürfte er das Geld zurückzahlen müssen - und für längere Zeit ins Gefängnis kommen.
Wie die Fahnder dem mutmaßlichen Täter und seinem wahrscheinlichen Helfer auf die Spur kamen, konnte FOCUS Online den Ermittlungsakten entnehmen.
Laut den Unterlagen ermittelte die Polizei zunächst, wie es so schön heißt, "in alle Richtungen", auch das Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum des sächsischen LKA war eingebunden. Die Fahnder standen unter hohem Druck.
Wenige Wochen vor dem Brand war es in Chemnitz zu Demonstrationen und Ausschreitungen gekommen, an denen auch Rechtsextremisten beteiligt waren. Auslöser war der tödliche Messerangriff auf den Tischler Daniel H. durch zwei Asylbewerber Ende August 2018 am Rande des Chemnitzer Stadtfests. Fortan herrschte eine angespannte Stimmung, die sächsische Großstadt und ihre Bürger gerieten unter eine Art "braunen Generalverdacht".
Wenn in einem solchen Klima ein türkisches Lokal abbrennt, liegt der Verdacht nahe, dass rechtsextreme Ausländerfeinde dahinterstecken. Sollte dies das Kalkül des türkischen Gastwirts gewesen sein?
Tatsache ist, dass die sächsischen Ermittler keinerlei Anhaltspunkte für eine politisch motivierte Straftat von rechts finden konnten. Da auch ein technischer Defekt ausschied, mussten sie andere Szenarien in Betracht ziehen. Dazu zählten auch Finanzermittlungen rund um Restaurant-Besitzer.
Bild: Harry Haertel/dpa
Dabei stellte sich heraus, dass Mehmet Ali T. erhebliche Schulden hatte. Waren es zur Eröffnung seines Chemnitzer Lokals noch mehrere Zehntausend Euro, lagen die Schulden zum Zeitpunkt des Brandes bereits im sechsstelligen Bereich. So zumindest steht es in den Akten.
Versicherungsbetrug als Tatmotiv - bei Wohnungs- und Hausbränden ist das ein "Klassiker". Auch im Fall des Feuers im "Mangal" konnten die LKA-Ermittler einen solchen Hintergrund nicht ausschließen.
Fakt ist: Die Täter waren durch ein Fenster in das Lokal eingestiegen, hatten etwa fünf Liter Benzin verschüttet und angezündet. Drei bis heute unbekannte Männer flüchteten in einem roten Kleinwagen (FOCUS Online kennt die genaue Marke) vom Tatort. Die Hypothese der Fahnder: Mehmet Ali T. könnte das Trio angestiftet haben, um Geld von der Versicherung zu erhalten und so einen finanziellen Schub für den wirtschaftlichen Neustart zu erhalten.
Aus der Hypothese wurde irgendwann ein Anfangsverdacht. Die LKA-Fahnder erwirkten richterliche Beschlüsse zur Telefonüberwachung und führten verdeckte Ermittlungen. Gut zwei Jahre nach dem Feuer lobte die Polizei im Oktober 2020 für sachdienliche Hinweise zur Tat 10.000 Euro Belohnung aus. Zwar ergab sich daraus keine heiße Spur. Allerdings erhärtete sich der Verdacht gegen Mehmet Ali T. durch die zu diesem Zeitpunkt laufende Telefonüberwachung.
Am Ende waren die Indizien gegen den türkischen Gastwirt so erdrückend, dass die Polizei mit einem richterlichen Beschluss zuschlagen konnte: Restaurant-Boss Mehmet Ali T. wurde am 7. Juli 2021 festgenommen, ebenso wie sein Kumpel und mutmaßlicher Komplize Yalcin E., der aus der Türkei stammt, aber deutscher Staatsbürger ist. Insgesamt drei Objekte in Chemnitz und Frankenberg wurden durchsucht.
Nach Informationen von FOCUS Online hat sich der angebliche Helfer Yalcin E. bei seiner Festnahme spontan zu den Vorwürfen geäußert und dabei den Hauptbeschuldigten Mehmet Ali T. belastet. Der Gastwirt selbst hat sich bisher nicht offiziell eingelassen, sein Verteidiger lehnte eine Stellungnahme gegenüber FOCUS Online ab.
Laut behördlichen Unterlagen, die FOCUS Online einsehen konnte, steht der 49-jährige Unternehmer nicht nur wegen des Brandes in seinem Lokal unter Verdacht. Quasi als Beifang stellten die Kriminalbeamten weitere mögliche Straftaten fest. Dazu zählen unter anderem Betrugsdelikte, Urkundenfälschung und Erpressung.
Seit der dramatischen Ermittlungs-Wende hat sich die Stimmung gegen den einst beliebten Restaurant-Boss gedreht. Auf Facebook findet man diverse Schmäh-Kommentare gegen ihn - und auch die von ihm offenbar getäuschten Politiker bekommen ihr Fett weg.
So kritisiert ein User den sächsischen Ministerpräsidenten für dessen Solidaritäts-Besuch bei Mehmet Ali T., obwohl die Hintergründe der Tat nicht ansatzweise aufgeklärt waren - und fordert eine Entschuldigung gegenüber der Öffentlichkeit: "Herr Kretschmer, wie wäre es mit einer Entschuldigung für die Vorverurteilung für einen angeblich rechtsextremen Anschlag auf das Restaurant?"
Quelle: focus.de vom 15.07.2021
Ein Gastbeitrag von Frank W. Haubold
VERÖFFENTLICHT AM 11. Jul 2021
In der Nacht des 18. Oktober 2018 gab es nach Angaben von Augenzeugen eine heftige Explosion im kurdischen Restaurant "Mangal" in Chemnitz und der Gastraum brannte fast völlig aus. 17 Mieter mussten evakuiert werden und kamen mit dem Schrecken davon.
Laut BILD schätzte Inhaber Ali T. den entstandenen Sachschaden auf 350.000 Euro. Das Blatt zitierte den Inhaber mit folgenden Worten: "Wenn sich herausstellen sollte, dass es wirklich Rechtsextreme waren, werde ich Chemnitz wohl wieder verlassen. Dann ist es mir hier nicht mehr sicher genug."
Auch Oberbürgermeisterin Ludwig (SPD) ließ es sich nicht nehmen, sofort in Richtung der vermeintlichen Täter zu zeigen. Zitat: "Was heute Nacht geschehen ist, ist aufs Schärfste zu verurteilen. Wie hasserfüllt, verantwortungslos und feige müssen diejenigen sein, die so etwas tun. Dabei nehmen sie Opfer in Kauf."
In das gleiche Horn stieß auch Ministerpräsident Kretschmer, als er drei Wochen später das Lokal besuchte, um dem vermeintlichen Opfer seine Solidarität zu bekunden. Die Chemnitzer "Freie Presse" schrieb hierzu: "Der Ministerpräsident betonte, dass man die Hintergründe der Tat noch nicht kenne, aber ein ‚fremdenfeindlicher, rassistischer Hintergrund' zu vermuten sei." Der rechtsstaatliche Grundsatz, bei unaufgeklärten Straftaten auf Mutmaßungen und Unterstellungen zu verzichten, gilt offenbar nicht, wenn der Verdacht in die "richtige" Richtung geht.
Doch damit war es der Betroffenheitsbekundungen der Politprominenz noch nicht genug. Mitte November 2018 ließ es sich auch Bundeskanzlerin Merkel nicht nehmen, den leidgeprüften Restaurantbesitzer zu treffen. Interessanterweise sind die meisten Presseberichte hierzu nach Bekanntwerden des tatsächlichen Sachverhaltes entweder ganz oder hinter der Bezahlschranke verschwunden (siehe "Südkurier"). Offenbar soll nicht weiter publik werden, dass sich selbst die Bundeskanzlerin von dem vorgeblichen Opfer täuschen ließ.
Die Unverfrorenheit des nunmehrigen Tatverdächtigen ist allerdings zu bewundern. Aber natürlich nutzte er auch das aufgeheizte Klima in Chemnitz nach dem Tötungsverbrechen an dem Deutschkubaner Daniel H., den nachfolgenden Demonstrationen und den angeblichen "Hetzjagden", um seinen Plan umzusetzen. Sein Kalkül: In einem Klima des Generalverdachtes gegen die Stadt und ihre Bürger würde schon niemand auf die Idee kommen, andere Täter als rechtsextreme Ausländerfeinde zu vermuten.
So also eilte Ali T. von Interview zu Interview, ließ sich von mitfühlenden Politikern und Medienvertretern ausgiebig hofieren und hatte sogar noch die Stirn, im November 2019 die Polizei wegen vermeintlicher Untätigkeit zu attackieren. Zitat ("Die Welt"): "Mehr als ein Jahr nach dem Brandanschlag auf das türkische Restaurant ‚Mangal' in Chemnitz hat Gastwirt Ali T. der Polizei Untätigkeit vorgeworfen. ‚Die Polizei hat gar nichts ermittelt', sagte der 47-Jährige im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.'"
Doch so untätig, wie Ali T. wohl insgeheim gehofft hatte, waren Polizei und LKA dann doch nicht. Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe, dass am Donnerstag, den 8. Juli 2021, Ali T. und ein mutmaßlicher Mitwisser unter dem Verdacht der Brandstiftung und des Versicherungsbetrugs festgenommen wurden! Inzwischen sitzt Ali T. nach Angaben der BILD-Zeitung in Untersuchungshaft.
Die Behörden selbst teilen dazu mit: "Die Ermittlungen wurden zunächst in alle Richtungen geführt. Im Zuge der Ermittlungen fanden sich keine Anhaltspunkte für eine ausländerfeindliche Tatmotivation. Vielmehr erhärtete sich im Ergebnis der intensiven und langwierigen kriminaltechnischen Untersuchungen des Landeskriminalamtes der Verdacht der vorsätzlichen Brandstiftung gegen den damaligen Inhaber des Restaurants ‚Mangal'. Nach aktuellem Erkenntnisstand ist davon auszugehen, dass das Motiv für die Tat die Auszahlung der Versicherungssumme war, es sich mithin um einen Versicherungsbetrug gehandelt hat."
Nun könnte man es sich leicht machen und konstatieren, dass ein geschickter Betrüger die Medien und die Politik getäuscht habe. Das sei ärgerlich, könne aber vorkommen. Doch ganz so einfach ist es leider nicht, denn der mutmaßliche Täter konnte die Öffentlichkeit nur so lange und erfolgreich täuschen, weil der Verdacht gegen "Rechts" politmedial nur zu willkommen war, da er die eigenen Vorurteile gegenüber dem "braunen Nest" Chemnitz bediente.
Diese Stigmatisierung der Stadt hat durchaus prominente Urheber, nämlich Regierungssprecher Seibert und Bundeskanzlerin Merkel, die die Fama von den ausländerfeindlichen "Hetzjagden", die sich angeblich in Chemnitz ereignet hätten, höchstpersönlich in die Welt setzten.
Ohne Rücksprache mit den Sicherheitsbehörden und nur auf der Basis einer wenig aussagekräftigen Videosequenz, die den Medien von einem Antifa-Account zugespielt wurde, trat Herr Seibert damals vor die Presse und verkündete wörtlich: "Was gestern in Chemnitz zu sehen war und stellenweise auf Video festgehalten wurde (...), das hat in unserem Rechtsstaat keinen Platz. Solche Zusammenrottungen, Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens und anderer Herkunft, (...) das nehmen wir nicht hin."
Dass sowohl die Generalstaatsanwaltschaft Sachsen als auch die Polizei und der Verfassungsschutz auf Anfrage derartige "Hetzjagden" bestritten, beirrte weder die Bundesregierung noch ihre willfährigen medialen Hilfstruppen. Die unterstellten Hetzjagden wurden zur Staatsräson erhoben und alle Kritiker im besten Fall als Verharmloser, wenn nicht sogar Steigbügelhalter ausländerfeindlichen Terrors stigmatisiert.
Den damaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen kostete der Widerspruch zur Verlautbarung seiner obersten Dienstherrin sogar das Amt. Allerdings hatte er den Fehler begangen, die Authentizität der Videosequenz öffentlich anzuzweifeln, anstatt deren Untauglichkeit als Beleg für die behaupteten "Hetzjagden" zu thematisieren, die inzwischen durch Zeugenaussagen belegt ist.
In der Folge kam es dann tatsächlich zu einer Hetzjagd, nämlich zu einer medialen gegen Maaßen selbst, die bis heute andauert. Auch der sächsische Ministerpräsident Kretschmer geriet kurzzeitig ins Kreuzfeuer der Gesinnungsjäger, als er ebenfalls öffentlich bestritt, dass es in Chemnitz einen Mob oder besagte Hetzjagden gegeben hätte. Anders als Maaßen wurde ihm jedoch vergeben, da er sich fortan nur noch als braver Befehlsempfänger der Kanzlerin gebärdete (z. B. bei der Bildung einer Regierungskoalition mit den Wahlverlierern SPD und Grünen).
Die nunmehrige Festnahme des mutmaßlichen Täters ist ein herber Rückschlag für alle, die die Stigmatisierung der Stadt Chemnitz, der Sachsen und des Ostens insgesamt aus ideologiegetriebener Passion und aus Gründen des Machterhalts betreiben. Ändern wird sich jedoch nichts, so wie auch die Hetzjagdlegende bis heute vehement verteidigt wird.
Vergleicht man allerdings die eilfertigen Solidaritätsbekundungen der Politik angesichts einer unaufgeklärten Brandstiftung mit der kaltherzigen Ignoranz gegenüber den brutal abgeschlachteten Opfern von Würzburg, kann man nichts anderes als Ekel empfinden.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Quelle: reitschuster.de vom 11.07.2021