Abschied ist ein leises Wort
«--- zurück zum Menü
â 29. Mai 2024 in Frankfurt (Oder)
( 81 Jahre )
© imago sportfotodiensT
Manfred Wolke wurde 1943 in Potsdam als jĂŒngstes von zehn Kindern geboren und wuchs ohne seinen Vater, der als Soldat im Zweiten Weltkrieg gefallen war, auf.
Er erlernte den Beruf eines Lokomotivschlossers. Nach AnfĂ€ngen als FuĂballer begann er 1959 bei der BSG Motor Babelsberg mit dem Boxsport. Ab 1965 trainierte Wolke beim ASK VorwĂ€rts Berlin. Er wurde von 1967 bis 1970 jeweils im Weltergewicht und 1971 im Halbmittelgewicht DDR-Meister. 1967 und 1971 wurde er Vize-Europameister.
1968 krönte Wolke seine Amateurkarriere mit der Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Mexiko, als er im Finale den Kameruner Joseph Bessala bezwang.
Dieser Erfolg sei fĂŒr sein weiteres Sportlerleben entscheidend gewesen, so Wolke spĂ€ter. Bei den folgenden Olympischen Sommerspielen 1972 in MĂŒnchen war er zur Eröffnungsfeier FahnentrĂ€ger der DDR-Delegation, konnte aber den vorangegangenen Erfolg nicht wiederholen.
Durch eine Verletzung an der Augenbraue behindert, verlor er frĂŒh im olympischen Boxturnier gegen den spĂ€teren Sieger Emilio Correa Vaillant aus Kuba. Kurz darauf beendete Wolke seine aktive Laufbahn als Boxer mit einer Bilanz von 258 KĂ€mpfen, von denen er 236 gewonnen hatte.
Nach seinem Studium an der Deutschen Hochschule fĂŒr Körperkultur betreute er als Trainer unter anderem bei den Amateuren Rudi Fink, der unter Wolke 1980 Olympiasieger wurde. 1988 gewann Henry Maske mit Wolke als Trainer die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen und ein Jahr spĂ€ter den WM-Titel. Ebenfalls zu seinen SchĂŒtzlingen im Amateurbereich gehörte Axel Schulz.
1985 war Wolke aufgrund von Alkoholproblemen zwangsweise in den Nachwuchsbereich versetzt und vom Oberstleutnant zum Major herabgestuft worden (Wolke: âIch hatte ein Stoppzeichen ĂŒberfahren, wollte das aber nicht wahrhaben. Dann begriff ich, dass ich am Abgrund standâ).
1987 wurde er wieder Herrentrainer. Wolke wurde als âder Box-VerrĂŒckte, der Box-Besessene, der Lehrmeister der Frankfurter Schuleâ bezeichnet. âOhne die DDR wĂ€re mein sportlicher Werdegang nicht möglich gewesenâ, sagte Wolke 1996 rĂŒckblickend.
Als Amateurtrainer gewann Wolke, der in der NVA zuletzt den Dienstgrad eines Oberstleutnants hatte, mit seinen SchĂŒtzlingen insgesamt 23 Medaillen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaft.
1990 wechselte er zusammen mit Maske ins Profilager zum Sauerland-Boxstall. Im MĂ€rz 1993 wurde Maske mit Wolke als Trainer IBF-Weltmeister im Halbschwergewicht.
Foto: dpa, Andreas Gebert
Maske als Boxer und Wolke als Trainer wurden zu Hauptfiguren des Aufschwungs des deutschen Berufsboxens in den 1990er Jahren. Wolkes SchĂŒtzling Axel Schulz kĂ€mpfte als Profi um die Schwergewichtsweltmeisterschaft. Dass Schulz den Titel verpasste, war fĂŒr Wolke eine Niederlage, die er nie verschmerzen werde, sagte der Trainer 2018.
Er trainierte spĂ€ter unter anderem Profis wie Danilo HĂ€uĂler (wurde 2001 unter Wolke Europameister im Supermittelgewicht), Timo Hoffmann, Kai Kurzawa, Enad Licina oder Artur Hein.
Von Dezember 2006 bis MĂ€rz 2007 trainierte Wolke zwischenzeitlich auch wieder Henry Maske in Vorbereitung auf dessen RĂŒckkampf am 31. MĂ€rz 2007 gegen Virgil Hill, den Maske gewann. Im Herbst 2009 wurde bekannt, dass der Boxstall Sauerland den Vertrag mit Wolke nicht mehr verlĂ€ngern will, so dass das Profi-Boxcamp in Frankfurt (Oder) 2010 seine TĂŒren schloss. Die Trennung von Sauerland erfolgte im Unfrieden.
âWas Wolke sportlich vorweisen kann, wird hierzulande wohl auf Ewigkeit seinen Einmaligkeitswert behaltenâ, schĂ€tzte der Boxjournalist Gunnar Meinhardt die Karriere Wolkes als Boxer und Trainer ein. Wolke habe insbesondere Disziplin, Intelligenz, FleiĂ und HĂ€rte gegen sich selbst ausgezeichnet.
Henry Maske sagte ĂŒber seinen Trainer, zu dem er zeitweise sowohl als Amateur und als Profi ein angespanntes VerhĂ€ltnis gehabt hatte: âOhne Manfred Wolke hĂ€tte ich das alles nicht erreicht (...) Er konnte seinen Boxern mit viel Sachverstand glaubhaft machen, was sie zu tun haben und was nichtâ. Laut Maske war Wolke der âPhilosoph unter den Trainern, der Feingeistâ.
Manfred Wolke lebte in Frankfurt (Oder) und wurde Vater von drei Kindern. Er starb dort am 29. Mai 2024 in einem Pflegeheim im Alter von 81 Jahren.