Dienstag, 07.01.2025, 06:22
Die Erinnerung an die Hochzeit der Corona-Pandemie verdrängen viele Menschen in Deutschland. Zu zermürbend diese Zeit, in der Kurzarbeit, Isolation, Schul- und Kitaschließungen sowie die Aufgabe von Betrieben den Alltag dominierten.
Doch die Frage, ob der Umgang mit der Pandemie auch ein anderer hätte sein können, bleibt. Nicht nur als Teil der Aufarbeitung, - was wir daraus lernen können">sondern auch der Vorbereitung auf einen möglichen weiteren Ausbruch in der Zukunft.
Virologe Christian Drosten, seinerzeit Mitglied des Expertenrats, der die Bundesregierung in Corona-Belangen beriet, verteidigte nun in einem ausführlichen Podcast-Gespräch seine Pandemie-Standpunkte - darunter die Empfehlung zu einer allgemeinen Impfpflicht.
So bekräftigte der Institutsdirektor an der Charité im Podcast "Jung und naiv", dass die Corona-Impfung Fremdschutz geboten habe, also vor einer Weitergabe des Virus schützte. Gegenteilige Behauptungen seien "wissenschaftlich falsch". Auch Postulierungen, dass die Vakzination im Herbst 2021 bei der "besonders tödlichen Delta-Variante" keinen Schutz entfaltet habe, bezeichnete er als "Legende".
Der Übertragungsschutz sei einer der Gründe gewesen, weshalb er eine hohe Impfquote begrüßt habe. Schließlich hätten in rund 90 Prozent der Fälle Ungeimpfte das Virus weitergetragen.
Die Diskussion um eine Impfpflicht, die ab Ende 2021 stattfand, hätte daher durchaus ihre Berechtigung gehabt. Immerhin habe man einen Anstieg der Corona-Infektionszahlen im Winter vermeiden wollen.
Nichtsdestotrotz negiert der Virologe, eine Impfpflicht befürwortet zu haben. Dies steht scheinbar im Gegensatz zu seiner Unterzeichnung einer Ad-Hoc-Stellungnahme der Leopoldina, die im November 2021 verschiedene Maßnahmen zur Reduktion des Infektionsgeschehens vorgelegt hatte - darunter auch die Empfehlung zur Vorbereitung einer allgemeinen Impfpflicht.
Drosten erklärte jedoch, dass es sich dabei um eine "allgemeine Liste" von Handlungsempfehlungen gehandelt habe. Sie hätte allein das Ziel gehabt, eine weitere Winterwelle und einen Lockdown zu vermeiden. Die Konsequenzen, die ohne Intervention gedroht hätten, würden heute ignoriert, kritisiert der Virologe.
Doch nicht alle Maßnahmen, die während der Pandemie ergriffen wurden, seien richtig gewesen, räumt Drosten ein. Seiner Meinung nach hätte im Herbst 2020 ein "Wellenbrecher-Lockdown", der eine Schließung zahlreicher Bereiche und eine Isolation von bis zu vier Wochen umfasst hätte, mehr Vorteile als ein Teil-Lockdown bringen können.
Die Schulschließungen verteidigt er jedoch. So seien die Schulen in Deutschland nur 75 Tage und somit zehn Tage mehr als in anderen europäischen Ländern geschlossen gewesen. "Da frage ich mich, worüber reden wir hier eigentlich?", sagt Drosten.
Wie er im Gespräch erklärt, seien in anderen Ländern die Corona-Schutzmaßnahmen generell nicht derart ausdiskutiert worden. Dort hätten die Menschen "einfach verstanden [...], wie gefährlich das war". Der Virologe vertritt die Meinung, dass Deutschland durch zeitnahe und schärfere Maßnahmen viel habe verhindern können.
Einer politischen Aufarbeitung der Corona-Pandemie steht Drosten derweil skeptisch gegenüber. Eine nicht auf Fakten beruhende Analyse sei nicht zielführend. Zudem befürchtet er, dass "bewusst falsche Zeugen", die parteipolitisch involviert seien, in die Gremien eingeladen würden.
Vor einem potenziellen Corona-Untersuchungsausschuss würde sich der Virologe verantworten. Doch auch hier stelle er sich die Frage: "Was kann bei sowas rauskommen?" Er sei Wissenschaftler - und finde es falsch, wenn diese in der Politik seien.