Neue Infektionsschutzmaßnahmen: Mediziner halten neue Corona-Regeln für nicht ausreichend Die von Bund und Ländern beschlossenen Maßnahmen genügen nicht, um die Pandemie zu brechen, sagen Ärzte. Die Kommunen bezweifeln die Umsetzbarkeit der Regeln.

3. Dezember 2021, 9:13 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa,

Nach Einschätzung von Ärzten sind zur Eindämmung der Pandemie Kontaktbeschränkungen auf für Geimpfte notwendig etwa in Bars, Restaurants, beim Sport oder im Kino.
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Die neuen von Bund und Ländern beschlossenen Corona-Maßnahmen halten Mediziner für unzureichend, Vertreter der Kommunen sehen die Beschlüsse zur Eindämmung der Corona-Pandemie ebenfalls mit Skepsis.

Der Präsident der Intensivmediziner-Vereinigung Divi, Gernot Marx, sprach sich für stärkere Kontaktbeschränkungen auch für Geimpfte aus. "Wir brauchen deutliche Kontaktbeschränkungen, aktuell tatsächlich am besten für alle", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Über die neue Virusvariante Omikron wisse man noch nicht genug. "Wir können nicht ausschließen, dass die Impfstoffe vermindert wirken", sagte Marx. "Wegen dieses Nicht-Wissens ist zwingend notwendig, besonders vorsichtig zu sein."

Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ): "Um das Gesundheitswesen vor Überlastung zu schützen, wären aus unserer Sicht noch weitergehende Maßnahmen notwendig." Seiner Meinung nach sollte für Geimpfte und Genesene bundesweit verpflichtend in Bars, Restaurants sowie für Sport und Kulturveranstaltungen in Innenräumen 2G plus gelten - dann müssten sie zusätzlich noch einen negativen Test vorlegen. Vor allem müsse die Einhaltung der Zutrittsvoraussetzungen strikt kontrolliert und deren Missachtung verbindlich sanktioniert werden, sagte Reinhardt.

Zahl der Impfungen müsste auf 1,5 Millionen täglich steigen

Städte und Gemeinden bezweifeln, dass die von der Politik angestrebte Zahl von 30 Millionen Corona-Impfungen bis Weihnachten zu schaffen ist. "Wir hören immer wieder, dass die Impfstoffe bei der Verteilung noch nicht so vorhanden sind, wie von den Ärzten gewünscht", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Rheinischen Post. Der Präsident des Deutschen Städtetags, Markus Lewe, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "In vielen Städten kommt derzeit jedoch nicht genügend Impfstoff an."

Der Epidemiologe Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen rechnete: "Wenn wir weiter eine Million Menschen am Tag impfen, dann haben wir bis 24. Dezember erst rund 20 Millionen." Die Zahl der Impfungen müsse auf rund 1,5 Millionen pro Tag steigen, um 30 Millionen zu erreichen.

Skeptisch äußerte er sich auch zur Umsetzung der Beschlüsse."Es ist fraglich, wie die Kontaktbeschränkungen von Ungeimpften durchgesetzt und kontrolliert werden können", sagte Zeeb. Mit den Beschlüssen werde es noch etwa drei bis vier Wochen einen Anstieg in den Kliniken und auf den Intensivstationen geben. Auch die Inzidenz werde noch einige Zeit steigen. "Die Welle wird nicht so schnell aufhören", sagte der Epidemiologe.

Aggressive Reaktionen befürchtet

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) befürchtet unterdessen eine Zunahme der Aggressivität von Menschen. GdP-Bundeschef Oliver Malchow sagte der dpa: "Wir kennen ja schon aus der dritten Welle aggressives Verhalten nicht nur gegenüber der Polizei - denken Sie an den Mitarbeiter einer Tankstelle, der das Leben verloren hat, weil einer die Maske nicht tragen wollte." In Rheinland-Pfalz hatte ein Mann einen Studenten, der in einer Tankstelle an der Kasse als Aushilfe jobbte, im September im Streit um das Tragen einer Corona-Maske erschossen.

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Johannes Vogel verteidigte derweil die neuen Eindämmungsmaßnahmen gegen Kritik. Zentrale Maßnahme sei es nun, sich aus der vierten Welle "rauszuboostern", sagte der Bundestagsabgeordnete im ZDF-Morgenmagazin. "Wir haben keinen allgemeinen Lockdown, es werden keine Geschäfte geschlossen, es gibt auch keine Ausgangssperren." Deshalb müsse es "Entschlossenheit an anderer Stelle geben, bei Kontaktbeschränkungen beispielsweise".

Bund und Länder hatten am Donnerstag Maßnahmen vorgestellt, um die Virusausbreitung zu bremsen. Dazu zählen erhebliche Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte. Ihnen wird im Weihnachtsgeschäft auch der Zutritt zu den meisten Läden verwehrt. Auch Apotheken und Pflegefachkräfte sollen gegen Corona impfen können, im Dezember kommen Millionen Dosen zusätzlich. Der Verkauf von Böllern und Feuerwerk zu Silvester wird bundesweit verboten.


Quelle: zeit.de