Stand: 13.09.2021 08:15 Uhr
von Notker Blechner, tagesschau.de
Aller guten Pikse sind drei: Während mehr als ein Drittel der deutschen Bevölkerung noch ungeimpft ist, bekommen die ersten Bürgerinnen und Bürger bereits ihre dritte Spritze gegen Corona. Seit September haben in Berlin, Hessen, Sachsen und Thüringen Auffrischimpfungen für Menschen in Pflegeheimen sowie für über 80-Jährige begonnen, die bereits Anfang dieses Jahres geimpft wurden. Ärzte können den dritten Piks sechs Monate nach der Zweitimpfung verabreichen.
Auch in anderen Ländern werden Drittimpfungen durchgeführt. Israel hat bereits im Juli seine neue Impfkampagne gestartet - für die besonders gefährdete Gruppe der Menschen über 60 Jahre. Inzwischen sind schon die 40-Jährigen dran. Mittlerweile ist bereits ein Fünftel der Bevölkerung dreifach geimpft. Damit ist Israel der Impf-Weltmeister.
In den USA läuft ebenfalls eine neue Impfrunde an. Ab dem 20. September sollen gut 100 Millionen Auffrischungen verabreicht werden. Dabei soll zunächst ausschließlich das Vakzin von BioNTech/Pfizer zum Einsatz kommen. Es hat vor kurzem die komplette Zulassung der US-Gesundheitsbehörde erhalten.
Einige Mediziner zeigen sich ebenfalls skeptisch. Der Virologe Christian Drosten hält Auffrischungsimpfungen auf breiter Front momentan für überflüssig. "Wir sollten uns darauf fokussieren, dass wir unsere Impfquoten hochbekommen", fordert auch Leif Erik Sander, Infektionsimmunologe an der Berliner Charité. Er sieht die Auffrischungsvakzine noch nicht als Allheilmittel.
Deshalb hat BioNTech/Pfizer Daten einer Phase III-Studie für die Zulassung eines "Booster"-Vakzin bei der US-Gesundheitsbehörde FDA eingereicht. Spezifisch für die Delta-Variante haben die beiden Unternehmen eine Variante ihres Impfstoffs entwickelt. Ergebnisse werden im Spätherbst erwartet. Auch Moderna und Johnson & Johnson planen Auffrischungen und hoffen auf grünes Licht der FDA. Moderna testet aktuell drei verschiedene "Booster"-Mittel.
Erste Zwischenergebnisse sind vielversprechend: Nach der Auffrischungsimpfung mit dem BioNTech-Mittel Comirnaty haben sich de Antikörpertiter bei 18- bis 55-Jährigen durchschnittlich mehr als verfünffacht. Bei 65- bis 85-Jährigen konnte die Menge gar fast verzwölffacht werden. Auch bei der dritten Spritze von Moderna seien die Antikörpertiter höher gewesen als nach zwei Impfungen, teilte die US-Biotechfirma mit.
Für das laufende Jahr stellt das US-Biotech-Unternehmen nun 20 Milliarden Dollar an Erlösen in Aussicht. Der US-Pharmariese Pfizer rechnet gar mit 33,5 Milliarden Dollar an Erlösen. Im Mai lag die Prognose noch bei 26 Milliarden Dollar. Der deutsche Pfizer-Partner BioNTech peilt 15,9 Milliarden Euro Umsatz an.
Drei Milliarden Dosen will BioNTech bis Jahresende ausliefern. 2022 soll die Produktion dann auf vier Milliarden steigen - auch dank der "Booster"-Impfungen.
Allerdings werden Pfizer und Moderna den Corona-Impfstoffmarkt künftig wohl nicht mehr so stark dominieren wie 2021. Denn die Konkurrenz nimmt zu. Mit CureVac, Novavax und Sanofi stehen mehrere Firmen kurz vor der Zulassung ihrer Vakzine, die vor Mutanten wie Delta effektiver schützen könnten. Nach dem Flop mit seinem ersten Impfstoff arbeitet CureVac zusammen mit der britischen Glaxo an einem "Booster".
Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs rüstet der Pharma-Riese Pfizer personell auf. Er sucht derzeit per Stellenanzeigen neue Manager, die die dritte Impfkampagne erfolgreich ausrollen.
Experten glauben, dass der ganz große Boom für BioNTech/Pfizer bald vorbei ist. Analysten rechnen ab 2022 mit sinkenden Einnahmen bei BioNTech. Die Erlöse dürften im nächsten Jahr auf 10,9 Milliarden Dollar und 2023 auf 7,9 Milliarden Dollar zurückgehen. 2024 würden es dann nur noch 4,7 Milliarden Dollar sein.
Quelle: tagesschau.de