Artikel von Christoph Cöln
13.09.2023
(Quelle: IMAGO/Michael Brochstein)© T - Online
Auch mehr als drei Jahre nach dem Ausbruch der weltweiten Coronapandemie ist der Ursprung des Virus nicht geklärt. Nun erregt eine Aussage Aufsehen, die ein Informant des amerikanischen Auslandsgeheimdienstes CIA vor einem Geheimdienstausschuss des US-Kongresses gemacht hat. Demnach soll der Dienst versucht haben, führende Experten im Zusammenhang mit der Epidemie zu einem Umdenken zu bewegen.
"Signifikante finanzielle Anreize" für sechs Wissenschaftler habe es gegeben, um ihre Meinung zum Ursprung des Virus zu ändern. So sagte es der Informant bei seiner Aussage vor dem Ausschuss. Dies steht auch in einer Pressemitteilung, die von dem Untersuchungsausschuss (Select Subcommittee on the Coronavirus Pandemic and Permanent Select Committee on Intelligence) am Dienstag herausgegeben wurde. Das Pikante daran ist nicht nur die Tatsache, dass es offenbar eine Beeinflussung von Forschern gegeben haben soll, sondern dass es sich dabei wohl um Experten handelte, die ohnehin für die CIA tätig waren. Versuchte die CIA also, die eigenen Analysten zu bestechen? Und wenn ja, mit welchem Ziel?
In dem wissenschaftlichen Gremium, das die CIA zur Herkunft des Coronavirus beauftragt hatte, saßen laut des Informanten sieben Wissenschaftler, von denen sechs den Ursprung des Coronavirus in einem Labor in der chinesischen Provinz Wuhan vermuteten.
(Quelle: Anna Moneymaker)© T - Online
Der Geheimdienst wies die Anschuldigungen umgehend zurück. "Bei der CIA sind wir den höchsten Standards an analytischer Genauigkeit, Integrität und Objektivität verpflichtet. Wir bezahlen Analysten nicht dafür, zu bestimmten Schlussfolgerungen zu gelangen", sagte eine Sprecherin gegenüber dem US-Magazin "Newsweek".
Dennoch sind die Vorwürfe ein gefundenes Fressen für Rechtspopulisten. "Die aus Steuergeldern finanzierte CIA bezahlt Experten mit Steuergeld dafür, zu lügen", schrieb die Trump-Anhängerin und US-Parlamentarierin Marjorie Taylor Greene bei "X".
Seit dem Aufkommen von SARS-CoV-2, das erstmals Ende des Jahres 2019 dokumentiert wurde, ist die Ursprungshypothese umstritten. Während manche Wissenschaftler eine Übertragung von Tieren auf einem belebten Markt, eventuell Fledermäusen, auf den Menschen als wahrscheinlichste Ursache ansehen, glauben andere an einen Unfall in einem chinesischen Versuchslabor.
Sowohl das FBI als auch das US-Energieministerium hatten nach eigenen Untersuchungen zum Coronavirus davon gesprochen, dass das Virus mit "geringer" bzw. "mittlerer Wahrscheinlichkeit" in dem Labor in Wuhan (Wuhan Institute of Virology) entstanden sei. In der medizinischen Fachzeitschrift "The Lancet" warnen Wissenschaftler allerdings vor voreiligen Schlüssen. Sie kritisieren die US-Behörden für ihre Wortwahl.
(Quelle: via www.imago-images.de) © T - Online
"Diese Sprache - unklar, nicht quantifiziert und wissenschaftlich nicht hinreichend begründet - ist nicht gerade hilfreich. Die schlagzeilenträchtigen Behauptungen können durch die neuesten Forschungsergebnisse in keiner Weise gestützt werden. Zudem unterliegen die Berichte, auf denen sie gründen, der Geheimhaltungspflicht."
Und weiter heißt es hinsichtlich der Kommunikationsstrategie der Geheimdienste in dem Fachartikel: "Das ist schon etwas ironisch, bedenkt man, dass die USA sich in der Sache ausführlich über mangelnde Transparenz der Chinesen beklagen". Für die sonst so nüchternen Wissenschaftler kommt diese außergewöhnlich kritische Bewertung der US-Behörden wohl einer deftigen Ohrfeige gleich.
Ob die von dem Whistleblower genannten Experten ihre Meinung tatsächlich änderten, ist nicht bekannt. Die Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses haben dazu nun alle verfügbaren Unterlagen von der CIA angefordert.