Freie Presse: Herr Krause, Ihr neuer Fernsehfilm "Krüger aus Almanya" hat durch die Pegida Proteste an Aktualität gewonnen. In den letzten Monaten wurde sehr viel über eine vermeintlich drohende Islamisierung, Überfremdung und Vorurteile gesprochen. Wie gehen Sie damit um?
Es muss ja eine Ursache haben, dass sich das so entwickelt hat. Damit muss man sich beschäftigen, aber da sind unsere politischen Verantwortlichen lammfromm. Man muss sich respektieren. Ich muss die Pegida-Leute respektieren, und sie müssen mich respektieren. Und sie müssen zum Vortrag bringen dürfen, worum es ihnen geht, damit da keine Irrtümer passieren. Und dann muss man darüber reden und nicht einfach alles von vornherein abtun.
Das Hauptproblem war ja, dass die Protestler eine lange Zeit weder mit den Medien noch mit den Politikern reden wollten...
Das Misstrauen gegen die Medien kommt sicher daher, dass diese oft als voreingenommen wahrgenommen werden. Der SPD-Chef Sigmar Gabriel hat dann auf einer Veranstaltung mit Vertretern von Pegida diskutiert und wurde dafür von Vertretern seiner Partei scharf kritisiert. Dabei war das der richtige Weg. Wir müssen unsere Kultur verteidigen - nicht mit Waffen, sondern mit Worten. Hier ist das Wort die Waffe. Wir haben eine wunderbare Kultur, und ich finde es sehr wichtig, dass wir mit der gut umgehen.
Droht denn Ihrer Ansicht nach eine Art Kulturverlust?
Wenn wir unsere Kultur schlecht behandeln, müssen wir uns früher oder später anhören: Die haben ja überhaupt keine Kultur! Wenn ich heute einen Jugendlichen frage: Kannst du mir ein deutsches Volkslied vorsingen? dann lacht der sich doch schief. Da fällt dem doch nichts zu ein - ein Volkslied singen? Niemals! Oder ein Liebesgedicht von Heinrich Heine aufsagen. Das müsste einen Jugendlichen doch interessieren, Liebesgedichte sind doch was Wunderschönes, und man verliebt sich in dem Alter doch auch sehr stark. Aber wenn das bei uns nicht mehr gelehrt wird, wird man es uns auch nicht glauben, dass wir eine wunderbare Kultur haben.
Könnte es nicht auch sein, dass es den Deutschen aufgrund ihrer Geschichte schwer fällt, die Bedeutung der eigenen Kultur zu betonen und zu ihr zu stehen?
Man muss es ja gar nicht laut sagen. Ich muss nicht trommeln. Es genügt, wenn man es fühlt. Das überträgt sich. Zum Beispiel diese ganze Amerikanisierung, das ist doch furchtbar. Da laufen die Jugendlichen auf einmal mit Hosen rum, die ihnen bis in die Kniekehlen hängen. Wo kommt das her? Das kommt aus Amerika, weil den Gefangenen dort im Gefängnis die Gürtel abgenommen werden, und dann rutschen die Hosen. Und das wird auf einmal Mode. Es wird nicht nachgedacht.
Aber man könnte die Einflüsse aus anderen Kulturen ja auch positiv sehen, als Bereicherung...
Nee, nee, ich bin gegen diese Multi-Kulti. Ich finde es schon schön, dass sich die verschiedenen Kulturen annähern, aufeinander zugehen, mit Toleranz, aber ich bin gegen Vergewaltigung. Wenn ich in Neukölln rumlaufe, denke ich, es wäre Fasching, weil alles vermummt und verkleidet ist. Das ist nicht in Ordnung. Wir haben für den Film vor einer Kneipe in Neukölln gedreht. Wir saßen vor der Tür, als drei 14-jährige Türken kamen und fragten: Hast du mal Zigarette? Da meinte ein Kollege von mir: Ihr dürft doch noch gar nicht rauchen! (macht eine kleine Pause) Scheiß Deutsche! Also ich hätte die am liebsten festgehalten und die Eltern gerufen, und die hätten erklären sollen, warum der Junge sagt: Scheiß Deutsche!
Wo liegen die Ursachen für dieses Verhalten Ihrer Meinung nach?
Viele Vergehen werden viel zu lapidar bestraft. Knallhart muss gesagt werden: Pass auf, du fühlst dich hier nicht wohl. Wir möchten uns von dir verabschieden! Ganz einfach. Wir müssen bereit sein, aufeinander zuzugehen, aber die auch. Egal wo sie herkommen. Ich rede jetzt nicht nur von Türken. Ich rede auch von Leuten, die Einbrüche begehen. Nicht alle Menschen, die hier zu uns kommen, wollen auch das Beste für unser Land, sondern manche allein das Beste für sich. Und da muss man wirklich Grenzen setzen.
Ihr Film plädiert dafür, Vorurteile gegenüber Ausländern zu hinterfragen. Paul Krüger fährt nach Antalya, um seiner Enkelin Anni die Verlobung mit dem jungen Türken Deniz auszureden. Auf seiner Reise lernt er die Einheimischen jedoch näher kenne und schätzen. War das Ihre erst Reise in die Türkei?
Ja, ich war zuvor überhaupt noch nicht in der Türkei, sowie die Filmfigur Paul Krüger, die in die Türkei kommt und völlig überrascht ist, was sie dort vorfindet: Freundlichkeit, Offenheit, Sauberkeit. Die sind nett zueinander und respektiere sich. Krüger muss seine Vorurteile auf den Prüfstand stellen. Die Wandlung erfährt er schließlich dadurch, dass er den Deniz näher kennenlernt und merkt, dass seine Enkelin ihn wirklich liebt. Der türkische Großonkel ist jedoch gegen die Hochzeit, und Krüger setzt sich für das junge Paar ein.
Inwiefern haben auch Sie durch, die Dreharbeiten ein anderes Bild von der Türkei bekommen?
Ich war absolut begeistert. Die verteidigen ihre Kultur! Wir hatten ein Abschlussfest, die haben getanzt und gelacht. Wir haben uns wohl fühlt. Ich musste feststellen: Die können doch hier nicht alle aus dieser Türkei kommen, da muss es irgendwo noch eine Türkei geben. Weil die dort völlig anders sind bei uns: offen, gutherzig, hilfsbereit.
Und warum, glauben Sie, ist das Verhalten der Türken in Deutschland anders?
Sie machen sich selber orientierungslos, weil sie nicht unbedingt Kontakt zu den anderen Menschen suchen. Es ist ein Unterschied, ob man sich annähert und auch etwas geben will, oder sich immer nur fragt: Wo kann ich nehmen?
Aber das hat ja auch etwas mit Chancengleichheit zu tun, also mit der Frage: Inwiefern bekomme ich überhaupt die Gelegenheit, mich hier zu beweisen?
Das liegt zum Großteil auch an uns Deutschen, natürlich. Ich kenne auch viele Türken, die hier in Deutschland sehr viel aus sich gemacht haben. Wer hierher kommt, muss wirklich das Bedürfnis haben, sich mit uns anzufreunden. Die Deutschen dürfen nicht verschlossen sein, aber die Bereitschaft zum Miteinander muss auch von der anderen Seite kommen.
"Wenn ich in einem Land lebe, in dem ich nicht geboren bin, muß ich doch ein bißchen neugierig auf die Kultur sein und mich mit ihr beschäftigen." Wenn er zum Beispiel an Berlin-Neukölln denke, dann komme er zu dem Schluss, daß Thilo Sarrazin mit der Aussage "Deutschland schafft sich ab" nicht ganz falsch liege.
Glauben Sie, dass ein Film wie "Krüger aus Almanya" helfen kann, Vorurteile gegenüber anderen Völkern abzubauen?
Ich denke schon, wenn man bereit ist, ihn so zu sehen, wie er geschrieben und gespielt ist. Dann kann man ein Teil für sich mitnehmen. Das ist kein Tralalala-Film, um sich auf die Schenkel zu klopfen, sondern eine sehr stille Komödie. Wir erheben nicht den Zeigefinger und wollen nicht belehren, aber uns haben Leute in der Türkei gesagt, dass so ein Film zur Völkerverständigung beitragen kann. Das hoffe ich auch.
Total aus dem Herzen gesprochen
Ausdruck deutscher Vernunft
Ich halte die Äußerungen von Horst Krause für einen einfachen Ausdruck deutscher Vernunft, ohne Fremdenfeindlichkeit oder etwa nationalistisches Gedankengut. Un-verständlich finde ich die Frage "zur möglichen kulturellen Zurückhaltung der Deutschen wegen ihrer Vergangenheit". Es gibt in der Jahrhunderte alten deutschen Kultur - im Rahmen der europäischen Kultur - überwiegend Substanz, die das Gegenteil von faschistischem Gedankengut ist. Wir sollten deshalb unsere Kulturgüter stets als Alternative zu den Fällen aktueller Oberflächlichkeit und Geschmacklosigkeit bereithalten; ohne Überheblichkeit und ohne Scheu.
Dieter Rausendorff, Schlettau
Mutig zu Pegida geäußert
Horst Krause hat sich mutig zu Pegida und Integration geäußert. Das kann aber auch damit zusammenhängen, dass er mit 73 Jahren und seinem Bekanntheitsgrad nicht mehr um jedes Engagement bangen muss. Denn genau das kann so ein Interview schon kosten. Das dürfte bei einem jüngeren Prominenten schon anders aussehen. Der überlegt sich dreimal, ob er offen seine abweichende Meinung sagt.
Günter Schlag, Auerbach/E.
Pflichtlektüre für Abgeordnete
Vielen Dank für das Interview. Seine Aussagen treffen haargenau, was die Menschen bewegt. Es ist keineswegs Fremdenfeindlichkeit oder gar Ausländerhass, was man beim geringsten Anlass unterstellt, sondern die Entfremdung zwischen den Regierenden und den Sorgen und Meinungen der Bevölkerung. Das Interview mit Horst Krause sollte für alle Bundestagsmitglieder vom Bundestagspräsidenten zur Pflichtlektüre gemacht werden.
Lothar Frohberg, Chemnitz
Politiker haben Angst davor
Das war ja mal ein mutiger Artikel. Ich glaube, dass dieser Mann so vielen Menschen in unserem Land total aus dem Herzen spricht. Ich glaube auch, dass so mancher Politiker ebenfalls so denkt, aber aus lauter Angst, in die rechte Ecke geschoben zu werden, immer nur bemüht sein muss, ja nichts Falsches zu sagen. Was für eine Freiheit ist das, wo und wann sind die Gedanken noch frei? Unsere Kultur ist schon am Ende, aber Geiz ist ja geil, was soll's. Unserer Bundeskanzlerin waren die deutschen Werte vor Jahren sehr wichtig, man weiche nicht davon ab, war ihre Meinung. Wo sind diese Werte geblieben, wenn ich in der Zeitung lese, dass es 2070 in Deutschland mehr Muslime als Christen geben könnte? Wir sind eine Familie, die aus der deutschen Rolle fällt, denn wir haben vier Kinder und bisher acht Enkelkinder. Was müssen die Kinder einmal ausbaden? Man möchte gar nicht daran denken.
Monika Müller, Oelsnitz