Von Johannes Pittroff
11.04.2022
Ein neuer Zwischenbericht zeigt: Der nördliche Landkreis Bautzen könnte ausscheiden, die südliche Oberlausitz bleibt im Rennen. Betroffene protestieren, doch ihr Einfluss ist begrenzt.
Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) hat ihren aktuellen Stand bei der Suche nach einem Atommüll-Endlager präsentiert. Der Freistaat steht mit mehreren Regionen in der Auswahl.
Entscheidend für Sachsen könnte bereits der nächste Arbeitsschritt der BGE sein, sie will anhand ihrer Daten erste Gebiete von der Liste streichen.
Gute Karten hat der nördliche Landkreis Bautzen: Dort haben die Experten bereits Zweifel an der Tauglichkeit geäußert. Die anderen Gebiete "lassen allesamt günstige geologische Bedingungen für die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle vermuten", heißt es von der BGE.
© Rafael Sampedro/foto-sampedro.de
© dpa/Miriam Schönbach
Protest kommt vom Bund Lausitzer Sorben Domowina: "Die Menschen in der Lausitz tragen die Hauptlast bei der Beendigung des fossilen Energie-Zeitalters in Deutschland", sagt der Vorsitzende Dawid Statnik (38). "Damit sind wir mehr als ausgelastet, wir brauchen nun klare Zukunftsperspektiven, unbelastet von weiteren Bürden der Vergangenheit."
Der Atommüll solle in den Regionen der Atomkraftwerke bleiben - denn die hätten davon wirtschaftlich profitiert.
Mehr Verständnis zeigt Löbaus Oberbürgermeister Albrecht Gubsch (56, parteilos): "Irgendein Standort muss schließlich her." Die Argumente will er den Wissenschaftlern überlassen.
Der Landkreis Görlitz hingegen lehnt ein Endlager weiterhin ab, wie das Landratsamt auf TAG24-Anfrage mitteilt.
Von Johannes Pittroff
Sachsen ist reich an Bodenschätzen. Doch genau das könnte dem Freistaat zum Verhängnis werden. Die Gesteine scheinen geeignet, um dem Atommüll aus 1900 Castor-Behältern ein Endlager zu bieten. Die Landesregierung muss Regionen wie die Oberlausitz davor bewahren.
Wir sind nach zwei Jahren Corona-Pandemie daran gewöhnt, tiefgreifende Entscheidungen der Wissenschaft zu überlassen. Doch Wissenschaftler sind auf ihr Forschungsfeld spezialisiert. So steht bei den Experten, die nach einem Atommüll-Endlager suchen, die geologische Tauglichkeit an erster Stelle.
Die Politik sollte sich stärker in die Suche einbringen, damit auch wirtschaftliche und kulturelle Belange einbezogen werden. Denn das Abwägen gegensätzlicher Interessen kann und soll die Wissenschaft nicht leisten, sondern ist das Spezialgebiet der Politik.
Sollte sich etwa die Oberlausitz geologisch als perfekter Standort erweisen, wäre sie dennoch nicht geeignet. Der Atommüll könnte nicht nur die dort dringend nötige Ansiedlung neuer Firmen verhindern. Es wäre auch ein fatales Signal an eine Region, die ohnehin innerhalb Deutschlands wenig beachtet wird.
Quelle: Tag24