Von Aert van Riel
20.01.2021, 17:44 Uhr
Der Freitag in dieser Woche ist auf den ersten Blick ein guter Tag für die Friedensbewegung. Denn dann tritt der Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen völkerrechtlich in Kraft. Das Abkommen ächtet die Entwicklung, die Tests, die Produktion, die Lagerung, die Stationierung, die Weitergabe, den Einsatz und die Drohung mit Atomwaffen. Allerdings machen nicht alle Länder mit. Am 24. Oktober 2020 hatten rund 50 UN-Staaten den Vertrag ratifiziert. Weitere 35 Staaten befinden sich im Ratifizierungsprozess.
Auch die Bundesregierung weigert sich. Deutschland hat zwar keine eigenen Atomwaffen, ist aber durch die nukleare Teilhabe in entsprechende Strategien der Nato eingebunden. Auf dem Bundesgebiet befinden sich Atomwaffen der USA.
Vertreter der Friedensbewegung sehen solche Manöver als Beleg dafür, dass die Gefahr eines Atomkriegs weiterhin real ist. Bei einem Pressegespräch am Mittwoch präsentierten sie einen Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die weiteren Mitglieder der Bundesregierung und die Abgeordneten des Bundestages, in dem sie fordern, dem Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten und die nukleare Aufrüstung Deutschlands zu stoppen. Der Appell wurde von mehr als 300 Erstunterzeichnern unterstützt.
Amela Skiljan von der Organisation IALANA, in der sich Rechtsanwälte zusammengeschlossen haben, die für die vollständige Beseitigung von Nuklearwaffen kämpfen, kritisierte die Planungen der Bundesregierung, F-18-Kampfflugzeuge zu kaufen. Denn deren Zweck ist es, US-Atombomben an ihr Ziel zu bringen. "Wer ständig mit Atomwaffen droht, wird sie irgendwann auch einsetzen", warnte Skiljan. Der Einsatz von Atomwaffen durch deutsche Soldaten wäre aus Sicht von IALANA ein Verstoß gegen vielfältige Regeln des humanitären Völkerrechts. Auch die Drohung mit dem Einsatz dieser Waffen verstoße generell gegen die Prinzipien und Regeln des Völkerrechts, die für bewaffnete Konflikte gelten.
Die Europavorsitzende der Vereinigung Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs IPPNW, Angelika Claußen, forderte die Bundesregierung in einem ersten Schritt dazu auf, einen Dialog mit anderen EU-Ländern der nuklearen Teilhabe (Belgien, Niederlande, Italien) zu beginnen und Schritte zu benennen, wie diese vier Länder die nukleare Teilhabe beenden können und wie dies mit konkreten Schritten neuer Entspannungspolitik kombiniert werden könnte. Als Beispiele nannte Claußen "die Rückkehr zum Iran-Atomabkommen und diplomatische Gespräche mit Russland und den USA über die Rückkehr zum Open-Skies-Vertrag".
Wie sich die Bundesregierung zu den Forderungen der Friedensbewegung positioniert, wird sich zeigen. Zumindest in der SPD gibt es Politiker wie den Bundestags-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich, die den Abzug der US-Atomwaffen fordern. Allerdings sind sich die Sozialdemokraten in dieser Frage nicht einig. Ihre Spitzenpolitiker wollen ebenso wie die Union an der atomaren Abschreckung festhalten.
Quelle: nd.de vom 20.01.2021