Jobcenter-Chef packt aus Vermittlungen auf Tiefststand: "Alles viel schlimmer!"

Das läuft falsch bei Stütze und Job-Angeboten

Hans-Jörg Vehlewald

25.07.2025 - 04:38 Uhr

Berlin - Immer weniger Bürgergeld-Empfänger werden von Jobcentern vermittelt: Nur noch 4,9 Prozent aller Jobwechsel werden von der Bundesagentur für Arbeit ausgelöst. Ein historischer Tiefststand (BILD berichtete)! Jetzt schlägt ein Jobcenter-Chef* aus Westdeutschland Alarm.

Überlastet, ineffizient, hilflos: Die Agenturen für Arbeit (hier in Hamburg) haben kaum noch Zeit für die Vermittlung von Jobsuchenden
Foto: picture alliance / Maximilian Koch

Er sagt: "Alles ist noch viel schlimmer!" Die Bundesagentur investiere längst mehr in die Versorgung von Arbeitslosen und Bürgergeld-Beziehern als in die Vermittlung.

Und weiter: "Wenn die Sozial-, Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik in Deutschland sich nicht grundlegend ändert, werden wir auf Jahre hinaus nichts ändern an den explodierenden Kosten für das Bürgergeld."

Jobcenter-Chef schreibt über seine Arbeit

Soll Jobvermittlung erleichtern: Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (57, SPD)
Foto: Christoph Soeder/dpa

Ein Problem: "Wenn eine Firma ankündigt, dass sie 500 Stellen in der Produktion abbaut und dafür 200 neue Mitarbeiter mit höherer Qualifikation braucht, wird der Firmenchef auf zwei Abteilungen verwiesen: Bei der einen lädt er 500 Arbeitslose ab, eine andere Abteilung sucht für ihn 200 neue Mitarbeiter - völlig separat."

Absurd, denn die Agentur könne im Gespräch mit der Firma auch Weiterbildungen für die Betroffenen fördern und damit bis zu 300 Entlassungen verhindern: "Das geschieht viel zu oft nicht, weil die Strukturen der BA das verhindern. Dabei sollten die eigentlichen 'Kunden' der BA doch die Firmen sein." Es heiße ja Bundesagentur für Arbeit, nicht "für Arbeitslose".

Sieht keine Schieflage bei der Arbeitsvermittlung: Andrea Nahles (55, SPD), seit 2022 Chefin der Bundesagentur für Arbeit
Foto: Daniel Löb/dpa

Ein weiteres Problem: Von bundesweit 7,5 Millionen Kunden der Jobcenter und Arbeitsagenturen sind zwei Drittel nicht oder gering qualifiziert und damit kaum vermittelbar. "Das sind 4,5 Millionen, die auf einen Hilfsarbeiter-Job hoffen", erklärt der Jobcenter-Chef.

ABER: "Die Jobcenter verwalten bundesweit nur 600.000 offene Stellen, davon gerade mal 80.000 Helferjobs. Bei 4,5 Millionen Ungelernten kommen auf jede Helferstelle also 50 passende Bewerber. Ein Wahnsinn!"

Qualifizierung ein Fass ohne Boden!

Auch die Ausländerquote sei zu hoch. "Mehr als 50 Prozent unserer Kunden haben keinen deutschen Pass. Rechnet man die frisch Eingebürgerten dazu, sind zwei Drittel unserer Kundschaft unqualifiziert, viele können kaum lesen, schreiben oder rechnen - für uns ein Fass ohne Boden."


Quelle: