Herr Steimle, warum haben Sie zu Ihrem Zoff mit dem MDR so lange geschwiegen?
Das war kein Zoff, man hat einen Satiriker entfernt. Und das traf mich völlig unerwartet. Ich stand unter Schock und wollte erst mal nachdenken, getreu dem Motto: Lerne schweigen, ohne zu platzen.
So überraschend war Ihr Rauswurf nicht. Immer wieder hatten Sie Streit mit dem Sender. Zuvor im Sommer 2019 - als ihr "Kraft durch Freunde"-T-Shirt für Empörung sorgte - das Sie hier bei unserem Gespräch "zufällig" anhaben...
Das Niggi? Ja, das habe ich natürlich absichtlich heute angezogen, weil ich zeigen will, dass ich dazu stehe. Ich war sprachlos.
Wir müssen alles tun, damit die Spaltung nicht noch größer wird
Uwe Steimle
Sie ernteten auch viel Kritik, weil Sie in Talkshows Sympathien für die AfD und auch die Pegida-Demonstranten zeigten...
Ich habe mich nicht für die AfD oder Pegida eingesetzt, weil ich die so sympathisch finde. Aber sehr wohl dafür, mit ihnen zu reden. Wenn 25 Prozent der Menschen die AfD wählen, dann kann man die doch nicht ignorieren. Ich will Brückenbauer sein. Stattdessen werde ich als irgendwie rechts abgestempelt und ins Abseits gestellt. Mich erinnert das an finsterste DDR-Zeiten, wo es vielen Künstlern ähnlich erging.
Ein gewagter Vergleich! Künstler, die bei Honecker in Ungnade fielen, landeten im totalen Aus. Sogar Filme, in denen sie mitspielten, wurden nicht mehr gezeigt, alle Auftritte gestrichen, keiner redete mehr mit ihnen. Und wenn sie dann frustriert das Land verließen, wurden sie oft auch noch enteignet. In Ihrem Fall hat ein einzelner Sender - zugegeben ein wichtiger - die Zusammenarbeit aufgekündigt. Sind Sie da nicht ein bisschen wehleidig?
Ich will Brückenbauer sein. Stattdessen werde ich als irgendwie rechts abgestempelt und ins Abseits gestellt.
Uwe Steimle
Als Satiriker teilen Sie doch selbst seit drei Jahrzehnten gerne kräftig aus. Dann muss man doch nicht so empfindlich sein, wenn man mal Gegenwind einfährt...
Da haben Sie natürlich völlig recht, das halte ich auch aus. Es sollte nur auf eine faire Art und Weise stattfinden, dann ist das völlig in Ordnung. Ein Satiriker ist ein gekränkter Idealist. Er will die Welt gut haben. Sie ist schlecht. Und nun rennt er gegen das Schlechte an. Übrigens ist es ja nicht das erste Mal, dass ich rausgeflogen bin. Gleich nach der Kehre, als ich beim MDR-Landesfunkhaus anfing, bin ich auch rausgeflogen, weil in meinem Drehbuch folgender Satz stand: "Die Wiedervereinigung ist erst vollzogen, wenn der letzte Ostdeutsche aus dem Grundbuch gelöscht wurde." Die wollten den Satz streichen und ich wollte mir das nicht gefallen lassen - da war ich draußen. Für nicht lange, denn kurz darauf tagte der Rundfunkrat und machte den Rauswurf rückgängig, aufgrund medialen Drucks.
Wegen der Corona-Krise sind auch Ihre vielen Live-Auftritte erst einmal gestrichen. Wie sieht aktuell Ihr Leben aus?
Mein letzter Live-Auftritt war am 10. März, mit meinem Programm "Zeit heilt alle Wunder". Den Mitschnitt gibt's inzwischen auch als CD bei BuschFunk. Nachdem Live-Auftritte wegen der Corona-Quarantäne aktuell nicht möglich sind, habe ich mir natürlich überlegt, was ich machen könnte. Als Dresdner wollte ich trösten. Was ja "Dresden" vom Sächsischen ins Hochdeutsche "übersetzt" heißt.
Sie sind auch auf YouTube aktiv...
Jeden Abend sende ich "Steimles Welt-Abendgruß" auf meinem YouTube-Kanal live aus meinem kleinen Studio bei mir im Keller. Da gucken inzwischen viele Tausend Leute zu, ich bekomme lobende Zuschriften aus aller Welt. Ich habe das große Glück, dass man mir zuhört. Nicht weil ich dem Volke nach dem Maul rede, sondern ihm aufs Maul schaue. Mir selbst geht es sehr gut. Ich liebe meine Heimat. Auf meine erwachsenen Kinder bin ich stolz, eine Tochter studiert Medizin, die andere ist als Juwelenfasserin sehr erfolgreich, wurde als bester Lehrling der BRD ausgezeichnet. Ich habe ein schönes Haus, der Vorratsschrank ist voll. Und das Wichtigste ist, dass wir Frieden haben, wenigstens in unserem Land. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass das so bleibt. Wir müssen alles tun, damit die Spaltung nicht noch größer wird. Wir können anderer Meinung sein. Wichtig ist, dass wir im Gespräch bleiben und fair und respektvoll miteinander umgehen. Da ist leider in den letzten Jahren viel an Gesprächskultur verloren gegangen. Dass der Ton so hart geworden ist, liegt aber auch daran, dass viele nicht mehr gehört werden.
Quelle: SuperIllu