9. September 2021, 5:31 Uhr
Die Letzten landeten fast ein Jahr nach dem Brand. Zehn Nachzügler, vorher zu krank zum Reisen, stiegen am vergangenen Freitag in Berlin, Düsseldorf oder Frankfurt aus dem Flugzeug. Damit hat Deutschland nach dem Feuer im griechischen Flüchtlingslager Moria laut Bundesinnenministerium genau 2812 Menschen aufgenommen - darunter unbegleitete Minderjährige, kranke Kinder mit ihren Familien und viele anerkannt Schutzberechtigte.
Denn weitere Tausende anerkannte Flüchtlinge sind längst auf eigene Faust aus Griechenland nach Deutschland gereist. Die entscheidende Zahl liefert das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf): Etwa 27.500 Asylanträge von Flüchtlingen, die möglicherweise bereits in Griechenland anerkannt wurden, waren dort Ende August anhängig. Und es werden immer mehr.
In einem EU-Staat anerkannte Flüchtlinge dürfen zwar in der EU wie Touristen reisen, sich aber in den ersten Jahren nicht anderswo niederlassen. Nach Griechenland aber darf Deutschland sie trotzdem nicht zurückschicken, haben mehrere Oberverwaltungsgerichte entschieden. Es bestehe ernsthafte Gefahr, dass sie dort ihre elementarsten Bedürfnisse ("Bett, Brot, Seife") nicht befriedigen können, heißt es in der Urteilsbegründung des OVG Nordrhein-Westfalen. "Die Menschen sind im administrativen Niemandsland zwischengeparkt", kritisiert Pro-Asyl-Geschäftsführer Burkhardt. Er fordert, dass EU-Staaten ihre Asylentscheidungen wechselseitig anerkennen, so dass Flüchtlinge dorthin ziehen können, wo sie Arbeit finden. Da das aber nicht in Sicht ist, müsste das Bamf über ihre Fälle entscheiden.
Die Bundesregierung will unterdessen den Flüchtlingen in Griechenland bei Unterkunft und Verpflegung helfen. Ein müder Versuch, finden Grüne und Linke. Das Hotspot-System an den EU-Außengrenzen sei gescheitert, nicht erst seit Moria, sagt die Sprecherin für Flüchtlingspolitik der Grünen, Luise Amtsberg. "Es braucht dringend eine solidarische Verteilung aller ankommenden Schutzsuchenden auf aufnahmebereite EU-Mitgliedstaaten." Deutschland selbst könnte weit mehr Flüchtlingen helfen, sagt Ulla Jelpke von der Linken und verweist auf die "vielen konkreten Aufnahmeangebote von Städten und Kommunen", die aber ohne Zustimmung des Bundes nicht helfen dürfen. Die Linken wollen das ändern.
Quelle: Süddeutsche vom 09.09.2021