Auch am Tag danach sind die Wogen noch nicht geglättet. Hunderte Nutzer der sozialen Medien Twitter und Facebook diskutieren über das Politikverständnis der Grünen. Grund dafür: Der Dresdner Grünen-Stadtrat Robert Schlick hatte bei Twitter empfohlen, die Wirtschaft gegen die Wand fahren und TUI und Co. absaufen zu lassen.
Der Eintrag ist längst gelöscht, aber das Netz vergisst nicht. Die Wellen der Empörung schlagen hoch. Schlick betonte mehrfach, er habe nur seine persönliche Meinung kund getan und weder eine Fraktions- noch eine Parteimeinung. Der Eintrag sei ungünstig formuliert, räumte er ein. "Trotzdem darf man doch mal darüber diskutieren, ob es nicht bessere Lösungen als den Kapitalismus gibt."
Er finde den Eintrag prima, erklärte der frühere FDP-Kreisvorsitzende Johannes Lohmeyer. "Die GrünInnen reden sich gerade über sämtliche Ebenen um Kopf und Kragen." CDU-Stadtrat Steffen Kaden erklärte kurz und knapp: "Hier werden die völlig falschen Signale gesendet, das geht so nicht."
Grünen-Stadträtin Andrea Mühle wandte sich an Schlick mit den Worten: "Lieber Robert, ich glaube, Du hast mehr über politische Kommunikation gelernt als mindestens drei Viertel der hier Kommentierenden, die nur persönlich beleidigen. Lass uns weiter über ein anderes, gerechteres, soziales und ökologisches System nachdenken." Zahlreiche Reaktionen auf die Äußerung von Schlick sind der Kategorie "Beleidigung" zuzuordnen.
CDU-Stadtrat Mario Schmidt erklärte, politische Kommunikation könne man auch anders lernen. "Ohne dem Ruf des Stadtrats und (s)einer Partei zu schaden." Linke-Stadtrat Christopher Colditz forderte Schlick dagegen auf: "Lass Dich nicht unterkriegen! Ich finde es gut, dass Du selbstkritisch und offen damit umgehst!"
Silke Schöps, stellvertretende Vorsitzende der AfD-Stadtratsfraktion, erklärte: "Das ist eine Verhöhnung der unzähligen Bürger, die aktuell um ihre Existenz fürchten müssen." Schlick habe den bürgerlichen Konsens in Dresden verlassen und sei nicht mehr Teil der Zivilgesellschaft. Der Vorstand der AfD-Fraktion forderte Schlick auf, sein Mandat niederzulegen. "Wer versucht, aus der Notlage unserer Stadt und unseres Landes politisches Kapital zu schlagen, ist nicht würdig, die Dresdner im Stadtrat zu vertreten."
Mehrere Internetnutzer wiesen darauf hin, dass Schlick mit dem Verb "absaufen" die Diktion von Pegida-Demonstranten verwende. Auf Pegida-Demonstrationen wurde mehrfach "Absaufen" in Bezug auf das Geschehen vor der nordafrikanischen Küste skandiert.
Thomas Baumann-Hartwig