von Grit Krause, MDR KULTUR
Stand: 30. November 2021, 04:00 Uhr
Mit dem Titel "Folgt Identitätsraub auf Kunstraub?" war die Anfang Oktober veröffentlichte Online-Petition überschrieben. Initiator Torsten Küllig hatte ihn bewusst provokant gewählt, denn seit er aus der Presse erfahren hat, dass einige der Kunstschätze in der Onlinedatenbank der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden aufgrund mutmaßlich rassistischer und diskriminierender Titel umbenannt wurden, wollte er unbedingt etwas dagegen unternehmen.
Vor allem ärgert es ihn nach wie vor, dass die Sachsen, denen seiner Auffassung nach die Kunstschätze in den Sammlungen gehören, in diesen Prozess nicht einbezogen wurden. Und so fordert er - und mit ihm am Ende 8.001 Unterstützerinnen und Unterstützer, 4.083 davon aus Sachsen - die Rückbenennung und ein Ende dieses Projektes in den SKD.
Torsten Küllig, der selbst nicht unbedingt zu den regelmäßigen Besuchern der Sammlungsmuseen gehört, sieht die Identität der Werke gefährdet, die sie durch die Titel bekommen haben, unter denen sie in der Kunstwelt bekannt sind. Deshalb sollten sie wieder so benannt werden, "wie sie seit Generationen schon immer heißen" - wie es in der Petition formuliert ist.
In seinem Appell beruft sich Torsten Küllig auf Aussagen von Reinhard Spieler, Vorstand des Deutschen Museumsbundes, gegenüber dem MDR, in denen dieser von Museen als historischen Institutionen spricht, die sichtbar machen wollten, dass man in anderen Kulturen und zu anderen Zeiten andere Werte vertreten habe. Allerdings sollen nach Ansicht Spielers vergebene beziehungsweise zugewiesene Titel, wenn sie rassistisch oder diskriminierend sind, angepasst und verändert werden, wobei die problematischen Benennungen dennoch erhalten bleiben sollen und, in welcher Form auch immer, kontextualisiert werden müssen.
In den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ist man sich bewusst, wie wichtig es ist, die Umbenennungen in ihrem historischen Kontext eingehend zu erläutern. Noch steht man am Anfang mit den Begriffspräzisierungen und befindet sich, wie Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen, sagt, in einem dynamischen Prozess. So sei man beispielsweise mit dem Verband der Sinti und Roma darüber im Austausch, in welchen Zusammenhängen das Wort "Zigeuner" als diskriminierend empfunden wird, in welchen Werktiteln es aber dennoch legitim wäre. Das könnte dann tatsächlich zu Rückbenennungen führen.
Zudem will man möglicherweise für die Asterisken, also die Sternchen, mit denen in der Online Collection Wörter wie "Mohr" oder "Zigeuner" unkenntlich und nur durch Klicken darauf sichtbar gemacht werden, eine Alternative finden, da sie vor allem durch die Genderdebatte inzwischen stark politisch wie gesellschaftlich aufgeladen seien, so Marion Ackermann. In jedem Fall aber wird das Projekt fortgesetzt und weiter an den Werktiteln und ihrer Herkunft geforscht.
Künftig mehr Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern
Warum eine solche sprachliche Sensibilität wichtig ist, begründet sich für Marion Ackermann in der internationalen Bedeutung der Sammlung. Mit Gründung der Kunstkammer sei in Sachsen "eine unglaubliche Weltoffenheit gepflegt worden", die auf dem Wohlstand in Sachsen beruht habe und durch "großartige Menschen" von dort möglich worden sei, so Ackermann: "Aber von Beginn an war es ein internationales Geflecht, und die Bedeutung der Sammlung ist inzwischen so groß, dass man auch sagen muss, sie gehört der Menschheit."
Für den Dialog mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern wollen sie und ihr Haus sich dabei künftig weiter öffnen. Und auch die Petition, deren Adressatin die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ja ist, wird Marion Ackermann gern von Torsten Küllig in Empfang nehmen.
Quelle: MDR