Von: Felix Rupprecht
19.06.2023 - 11:29 Uhr
Foto: Patrick Pleul/dpa
Denn: Letzte Woche war vielerorts Kohle-Wetter in Deutschland: Dunkle Wolken, kerzengerade Bäume, schlaff hängende Fahnen auf dem Reichstag - warm, wolkig, windstill.
Heißt: wenig Wind- und Sonnenenergie! An solchen Tagen wird in Deutschland vor allem Kohle verstromt - und so wird unser Energiemix zu einem der dreckigsten in ganz Europa.
In den letzten 30 Tagen verursachte eine Kilowattstunde Strom in Deutschland 472 Gramm Treibhausgase (CO?). Schlechter stand nur Polen da (789 Gramm), das die Klima-Ziele der EU nur leidlich akzeptiert und vor allem auf die Verstromung der eigenen Kohle setzt.
Länder wie Frankreich (42 Gramm) oder Schweden (20 Gramm), die auf einen Mix von Kernkraft und Erneuerbaren setzen, haben mit Abstand den saubersten Strom.
"Deutschland sollte nicht glauben, russisches Gas und die Kernkraft auf Dauer durch Kohle ersetzen zu können"
Der Erneuerbaren-Ausbau ist nach dem Kernkraft-Ausstieg wichtiger als je zuvor. Die von der Bundesregierung anvisierte Verdreifachung des Tempos ist allerdings in weiter Ferne.
Der türkische Wirtschaftsexperte und Chef der Internationalen Energieagentur (IEA) Fatih Birol (65) sagte in BILD, was er vom Hochfahren der Kohleimporte hält.
Birol:"Ich habe schon immer gesagt, dass Europa seine Energiequellen diversifizieren und eigenständiger werden muss. Ich hoffe sehr, dass es bei dem kurzfristigen Bezug bleibt. Deutschland sollte nicht glauben, russisches Gas und die Kernkraft auf Dauer durch Kohle ersetzen zu können."
Den größten Anteil bei den Treibhausemissionen macht die Energiewirtschaft aus, gefolgt von der Industrie, dann erst kommen Gebäude und Verkehr.
Heißt: Nicht etwa Gasheizungen und Verbrennermotoren sind hauptsächlich für die Verfehlung unserer Klima-Ziele verantwortlich, sondern der schmutzige Mix unserer Energie-Produktion.
Die Energiewirtschaft erzeugt das meiste Treibhausgas: Der Energiesektor wies im Jahr 2021 in Deutschland ein Plus von 27 Millionen Tonnen Treibhausgasen aus. Ursache: Die Nachfrage nach Strom ist gestiegen und die wird vor allem durch Kohle befriedigt. 2022 stiegen der Kohleimport und der CO?-Ausstoß weiter an. Großes Problem: Die Stromnachfrage soll bis 2030 um weitere 50 Prozent wachsen!
"Unsere Zahlen zeigen deutlich, dass die Ziele der Bundesregierung schnellstens angegangen werden müssen", sagt der Präsident des Umweltbundesamtes, Dirk Messner: "Wir müssen schnell mehr Sonnen- und Windenergieanlagen bauen."
Ausblick: Das Sommerwetter in der neuen Woche verspricht wieder bessere Zahlen, da die Sonnenenergie besser ausgelastet sein wird.