02.01.2020 - 10:48 Uhr
Grund: "Die SPD will erreichen, dass diejenigen, die Windräder in ihrer Nachbarschaft akzeptieren und damit den Ausbau der erneuerbaren Energie ermöglichen, belohnt werden", sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).
Es gehe einerseits um Geld für die Kommunen. "Wir müssen aber andererseits auch direkte finanzielle Anreize für die Bürger schaffen, die in solchen Gebieten leben", stellte Miersch klar.
In einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe würden derzeit mehrere Konzepte geprüft. "Das reicht von der Beteiligung der Kommunen am Umsatz von Windparks bis zu einem Windbürgergeld', also direkten Geldflüssen für alle betroffenen Anwohner", sagte SPD-Vorstandsmitglied Miersch. "Wir sollten uns im ersten Quartal des Jahres einigen."
Hintergrund: Der Stillstand beim Windkraft-Ausbau gefährdet das Ziel der Regierung, den Anteil erneuerbarer Energien am Strom bis 2030 auf 65 Prozent zu erhöhen. Miersch, der führende SPD-Umweltpolitiker, erklärte die Offensive bei den Erneuerbaren in der NOZ zum "nächsten großen Prüfstein für die Große Koalition".
Von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) verlangt Miersch eine flexiblere Abstandsregelung für Windmühlen: Zwar habe die Koalition 1000 Meter vereinbart, aber nicht definiert, was ein Wohngebiet mit "signifikanter Wohnbebauung" sei. "Der Vorschlag von Herrn Altmaier, schon Kleinstsiedlungen ab fünf Häusern dazuzuzählen, ist für die SPD nicht akzeptabel!", sagte Miersch. "Hier brauchen wir eine andere Größenordnung, das ist ganz klar."
Im Gegenzug will die SPD die Möglichkeit der Bürger begrenzen, Windmühlen vor der Haustür auf dem Klageweg zu verhindern: "Langatmige Planungsprozesse wie jetzt werden wir uns nicht mehr erlauben können, wenn wir die enorme Transformation bewältigen wollen. Deswegen werden wir über eine Reform des Planungsrechtes reden, also über höhere Hürden, gegen die Windkraft vorzugehen", sagte Miersch in der NOZ.
Mit Blick auf den Kohleausstieg forderte der SPD-Politiker gesetzliche Absicherungen, falls die Vereinbarungen mit den Konzernen nicht ausreichten: "Der Staat muss sich das Recht sichern, im Zweifel Kohlekraftwerke abschalten zu lassen, wenn die Ziele anders nicht erreicht werden", sagte Miersch. "Herr Altmaier muss Vorsorge schaffen, damit die Kraftwerksbetreiber nicht mit Entschädigungsforderungen ankommen wie beim Atomausstieg. Und ich erwarte seinen Gesetzentwurf in den kommenden Wochen. Sonst droht der Konsens wieder zu platzen."
Energisch wandte sich der Umweltpolitiker gegen Rufe aus der Union, von Wirtschaftsvertretern und einzelnen Klimaschutz-Aktivisten, die Kernenergie länger zu nutzen: "Ein Zurück zur Atomkraft darf es nicht geben. Das wäre hochgefährlich und völlig falsch", sagte Miersch. Die Endlagerung werde noch "Milliarden" verschlingen und es drohten "desaströse Katastrophen" wie in Fukushima (Japan). "Statt das Atom-Gespenst aus der Mottenkiste zu holen, sollten alle Klimaaktivisten erkennen, dass die Zukunft nur in erneuerbaren Energien und in mehr Effizienz beim Energieverbrauch liegt", sagte der SPD-Fraktionsvize.