Preise im freien Fall: Die Weizen-Wut der deutschen Bauern Und was der Krieg in der Ukraine damit zu tun hat

Bester Weizen zum Ramschpreis! Frank Wullekopf und Jobst Dismer (2. und 3. v. links) mit ihren Kollegen
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Hans Bewersdorff

23.09.2024 - 13:25 Uhr

Hannover - Jobst Dismer ackert für sein Leben gern. Der 66-jährige Getreidebauer aus Niedersachsen hat schon viele Krisen überlebt. Aber dieses Mal geht es für ihn um alles. Grund: Der Weizen-Preis ist im freien Fall.

Mit Beginn von Wladimir Putins (71) Angriffskrieg gegen die Ukraine stieg der Weizen-Preis von 287 Euro die Tonne auf zeitweilig bis zu 435 Euro. Jetzt sind es noch 200 Euro. Tendenz weiter fallend. Das Verrückte ist: Während die Landwirte an ihrem Weizen immer weniger verdienen, macht der Lebensmittelhandel Umsatz mit Brot, Brötchen & Co. Denn die Preise für Backwaren steigen.

Jobst Dismer aus Sarstedt bei Hannover steht mit seinen Kollegen im großen Silo, zeigt auf das feine Korn: "Bester Weizen, leider nichts wert."

Ackern in Deutschland. Bauern warnen: Unkontrollierter Billig-Weizen aus der Ukraine flutet unsere Märkte
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Woher kommt der Preisverfall beim Weizen?

Zuletzt flutete die Ukraine den deutschen Markt mit Getreide - wegen des Krieges. Durch die drastisch eingeschränkten Verlademöglichkeiten im Schwarzen Meer komme deutlich mehr Weizen per Lkw und Bahn - und der soll dann eigentlich weiter exportiert werden. "Doch stattdessen greifen unsere Mühlen und Futtermittelwerke zu. Angeblich zu Dumpingpreisen von unter 160 Euro die Tonne", so Bauer Dismer zu BILD.

Die Folgen für deutsche Ackerbaubetriebe seien katastrophal, genauso wie die für die Landmaschinenhersteller: Wenn der Bauer kein Geld hat, kauft er keine neuen Geräte.

"Wir verramschen unseren Weizen, den wir unter höchsten deutschen Auflagen produzieren. Gleichzeitig wird Weizen aus der Ukraine, der keinerlei Nachweispflichten über Pflanzenschutzmittel oder Dünger-Mengen hat, ins Land gepumpt. Von Gefahren durch Belastungen des Weizens durch Kriegsmittel ganz zu schweigen", empört sich Bauer Frank Wullekopf.

Brot- und Brötchen-Preise steigen. Das große Geschäft machen aber weder Bauern noch Bäcker
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Warum werden Brot und Brötchen nicht billiger?

Die Antwort kommt von den Bauern selbst: "Weil das große Geld vorher verdient wird." Die Mühlen und Lebensmittelkonzerne machten maximal Profit. Der traditionelle Bäcker und der Ackerbauer hätten dagegen Pech gehabt.

Friedemann Berg, Hauptgeschäftsführer des Bäckerverbandes in Berlin: "Zum einen haben Bäcker langfristige Verträge. Wenn die Rohstoffpreise fallen, kann es bis zu ein Jahr dauern, bis sich diese auswirken. Das gilt auch umgekehrt."

EU-Entwaldungsverordnung für Bäcker geplant

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Außerdem seien auch andere Kosten extrem gestiegen. Der Verbandschef nennt die Personal- und Energiekosten sowie die ausufernde Bürokratie. So kommt es, dass die Preise laut Statistischem Bundesamt in den letzten vier Jahren um 34,4 Prozent nach oben gingen.

Berg nennt ein Beispiel für immer neue Auflagen: "Ab Januar sollen laut neuer EU-Entwaldungsverordnung Bäcker nachweisen, dass ihre Rohstoffe so produziert werden, dass sie nicht zur Vernichtung von Wäldern beitragen."

Christian Lohmeyer vom Bundesverband Landvolk (Bezirk Mittelweser): "Man muss sich über die Gleichgültigkeit wundern, mit der Politik und Verbraucherschützer zusehen, wie deutscher Weizen gegen Getreide aus der Ukraine ausgetauscht wird."


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