FOCUS-online-Reporter Axel Spilcker
Sonntag, 28.05.2023, 15:13
Vor einer Woche hatte die
Daraufhin hat die Hochschule entschieden, die Honorar-Dozentin für "interkulturelle Kompetenzen" nicht weiter zu beschäftigen. Parteifreunde des Grünen-Mitglieds, etliche Medien, Wissenschaftler und Künstler werteten diesen Akt als Angriff gegen die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit.
FOCUS online: Herr Huth, als die Polizeihochschule NRW den Lehrauftrag mit Frau Bahar Aslan nicht verlängerte, ging im Netz ein Sturm der Entrüstung über diesen Schritt los, wie denken Sie darüber?
Oliver Huth: Das ist grober Unfug. Frau Aslan warnt einerseits vor Vorurteilen und falschen Klischees - sei es bei Berufsgruppen, unterschiedlichen Ethnien oder der Hauptfarbe. Andererseits aber verbreitet sie eine hasserfüllte Stereotype.
Ihr Tweet legt doch nüchtern betrachtet dar, dass die Polizei in großen Teilen rassistisch wäre. Und viele Beamte große Probleme damit hätten, die demokratische Rechtsordnung als auch die Menschenrechte zu achten.
Solch eine Äußerung diffamiert die Kolleginnen und Kollegen, die jeden Tag für die Bürger dieser Republik Sicherheit und Schutz gewährleisten. Für eine verbeamtete Lehrerin, die auch noch an der Polizeihochschule doziert, geht so ein Satz gar nicht.
Etliche Kritiker sehen dies anders, und bezeichneten den "braunen Dreck"-Twitter als legitimes Mittel, krasse Missstände bei der Polizei anzusprechen.
Huth: Das ist völlig absurd. Eines ist doch mal klar: So ein Tweet stigmatisiert die gesamte Polizei. Da kann man sagen, was man will. Natürlich hatten wir einige Dutzend Fälle rechtsextremer Chats auf Polizeiwachen. Die wurden aber alle strafrechtlich und unter großer medialer Transparenz aufgearbeitet.
Manche Verfahren laufen ja noch. Wir können keine Leute brauchen, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Aber der ganz große Teil der Kolleginnen und Kollegen steht für die freiheitliche-demokratische Grundordnung ein. Wenn ich aber so einen Stereotyp wie Frau Aslan verbreite, bediene ich vor allem das Narrativ all jener extremistischen Kreise, die etwa bei Demonstrationen auf die Bastard-Cops Jagd machen.
Aus meiner Sicht wird Frau Aslan ihrer Rolle als Polizeidozentin nicht gerecht, und deshalb war es gut, sie nicht weiter an der Hochschule zu beschäftigen. Vielleicht sollte sich Frau Aslan andere Betätigungsfelder suchen. Sie kann ja gerne bei der Antifa Vorträge halten, aber nicht bei der Polizei.
Wie kommt der Tweet und die anschließende Empörungswelle aus Politik, Wissenschaft und Medien bei den Kollegen an ?
Huth: Das ist genau das Gemisch aus Klischees und Vorurteilen, dem wir uns immer wieder stellen müssen. Gerade bei politisch eher linksstehenden Parteien oder Medien. Da stellen Politiker die Polizei gerne mal unter Generalverdacht, das ist undifferenziert, das ist unsachlich.
Durch solche Tweets und derartige politische Kommentare wird die Menschenwürde unserer Kolleginnen und Kollegen angegriffen. Das ist vor allen Dingen nicht bei jenen Leuten zu akzeptieren, die auf Grund ihrer Ämter eine Vorbildfunktion einnehmen. Im Grunde stellt der Fall Aslan aus meiner Sicht eine traurige Entwicklung dar.
Und zwar ?
Huth: Im Internet scheint es nur noch schwarz-weiß-Töne zu geben. Wer am lautesten brüllt, und den geringsten Inhalt von sich gibt, der findet das größte Echo. Da fehlt es an Respekt, an einem echten Willen zu einem Diskurs. So wie hier bei Frau Aslan geschehen. Aber irgendwann ist auch mal gut. Polizei muss auch nicht alles aushalten. Als BDK werden wir uns gegen solche Äußerungen immer wehren.
"Die Zeit" hat einen offenen Brief von 450 Wissenschaftlern, Medienschaffenden und Politikern veröffentlicht, in dem die Ablösung Aslans als Angriff auf die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit kritisiert wird, können Sie dem folgen ?
Huth: Nein. Dieser Braune-Dreck-Tweet hat doch mit Meinungsfreiheit durch eine Lehrbeamtin nichts zu tun. Das Grundgesetz zeigt hier Grenzen auf. Der Tweet ist sicherlich nicht strafrechtlich relevant.
Trotzdem unterliegt Frau Aslan als Beschäftigte im öffentlichen Dienst einer besonderen Wohlverhaltenspflicht, da können wir nicht mal eben irgendeinen undifferenzierten Schmähpost absetzen. Das dient auch nicht einem konstruktiven Dialog über die schwarzen Schafe bei der Polizei.
Diesem Dialog stellen wir uns auch, da gibt es nichts zu verbergen. Das kann man und muss man machen, aber nicht in dieser völlig undifferenzierten Art und Weise. Und schon gar nicht übers Internet. Das widerspricht dem Norm- und Wertesystem einer Lehrbeauftragten an einer Polizeihochschule, das hat hier nichts verloren.
Derzeit ringen nach der Brandattacke durch einen 57-jährigen Deutschen in einem Wohnblock in Ratingen zwei Polizeibeamte und ein angehender Brandmeister mit dem Leben. Gleichzeitig setzt eine Dozentin an der Polizeihochschule einen solchen Tweet ab, welche Gefühle kommen da hoch ?
Huth: Zunächst einmal überwiegt die Enttäuschung. Die Kolleginnen und Kollegen, die dort verletzt wurden, halten ihren Kopf hin, um Kriminelle oder Störer in der Gesellschaft aus dem Verkehr zu ziehen.
Das machen die Beamten tagtäglich. Statt großer Anteilnahme bestimmen Themen wie Rassismus oder übertriebene Polizeigewalt die Schlagzeilen. Ressentiments, die durch unqualifizierte Tweets wie jenen von Frau Aslan weiter befeuert werden.