FOCUS-Briefing von Tanit Koch Natürlich gibt es No-go-Areas in Berlin - Offenbarungseid der Polizeipräsidentin

FOCUS-Magazin-Autorin Tanit Koch

Dienstag, 19.11.2024, 06:52

Wenn das Wort "grundsätzlich" fällt, ist grundsätzlich Vorsicht geboten. Denn wenn etwas dem Grundsatz nach so sein soll, bedeutet es in der Regel, dass es tatsächlich ganz anders ist. Juden und Homosexuelle laut Polizeipräsidentin in Berlin nicht mehr sicher

Das jüngste Beispiel: Auf die Frage der "Berliner Zeitung", ob es in der Hauptstadt No-go-Areas gebe, antwortet Polizeipräsidentin Barbara Slowik "Grundsätzlich nicht." Um direkt im nächsten Satz "Menschen, die Kippa tragen oder offen schwul und lesbisch sind" den klugen Rat zu geben, "aufmerksamer" zu sein.

Natürlich gibt es No-go-Areas

Mit anderen Worten: Natürlich gibt es No-go-Areas, an denen die Polizei die Sicherheit bestimmter Bevölkerungsgruppen nicht garantieren kann. Und nein, die Rede ist hier nicht von Bruce Willis in "Stirb Langsam 3", der mit einem Schild um den Hals durch Harlem läuft, das Schwarze beleidigt.

Eine Kippa oder händchenhaltende Männer sind keine Provokation. Außer offenbar für einige Menschen in einigen Teilen der Hauptstadt (und anderswo). Berlins Polizeipräsidentin, ohne jemanden "diffamieren" zu wollen, drückt es so aus: "Leider gibt es bestimmte Quartiere, in denen mehrheitlich arabischstämmige Menschen wohnen, die auch Sympathien für Terrorgruppen hegen. Offene Judenfeindlichkeit artikuliert sich dort gegen Menschen jüdischer Glaubensrichtung und Herkunft."

Juden, Schwule und Lesben brauchen längst keine polizeilichen Warnhinweise mehr

Soweit, so bekannt. Juden, Schwule und Lesben brauchen längst keine polizeilichen Warnhinweise mehr, wie sie sich im öffentlichen Raum zu verhalten haben - sie wissen besser als die Polizei, welchen Gefahren sie sich aussetzen.

Schlimmer ist nur der ehrliche Offenbarungseid der Polizeipräsidentin. Außer dem wohlmeinenden Rat zur Vorsicht steht Barbara Slowik mit klammen Kassen, leeren Händen und viel zu oft ohne politische Rückendeckung da, wenn die Polizei ihre Hoheitsgewalt ausübt.

Eine Freundin schickte mir gestern Screenshots einer Whatsapp-Gruppe für in Berlin lebende Juden: "Wenn Ihr in einer Situation seid, aus der Ihr nicht sicher rauskommt, schickt eine Nachricht, und Freunde werden Euch helfen", heißt es da. Mit den Freunden ist nicht die Polizei gemeint. "Das ist Berlin 2024", schrieb sie weiter, und berichtet von einer Mischung aus "die haben wirklich gewonnen" und Angst. Das Bitterste sei, dass sie das Gefühl habe, "dass es noch immer die wenigsten checken".

Praktisch ist eher Geld für Lastenfahrrad-Parkplatzschilder da, als für die Sicherheit

Immerhin: Das Thema kommt - von Ex-SPD-General Kevin Kühnert bis Landwirtschaftsminister Cem Özdemir - endlich in der Breite der Politik an. Doch praktisch ist eher Geld für Lastenfahrrad-Parkplatzschilder da, als für die Sicherheit aller Hauptstadtbewohner.

Ist das nur ein Berlin-Phänomen? Oder wie sieht es bei Ihnen aus?


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