FOCUS-online-Reporter Axel Spilcker
Freitag, 02.09.2022, 20:42
Alles deutete auf Attacken durch Neonazis hin: Der grüne Stadtrat Manoj Subramaniam (33) erhielt Morddrohungen, Rasierklingen steckten in seiner Post. Der Polizei meldete er aufgeschlitzte Reifen, an seinem Auto fanden sich Hakenkreuzschmierereien nebst dem Wort "Jude". In einem Brief war vom Todestag am 1. September die Rede. Unterzeichnet von NSU 2.0. Den Nachfolgern der rechtsterroristischen Mörderbande Nationalsozialistischer Untergrund.
Der Staatsschutz der Polizei in Aachen nahm im Juli Ermittlungen auf.
Der Verfolgte Subramaniam betonte, dass er weitermachen und sein Engagement noch verstärken wolle. "Diese Menschen bekommen mich nicht mundtot", bekundete er unlängst gegenüber der Aachener Zeitung.
Inzwischen aber entpuppt sich die rechtsextreme Hetzjagd offenbar als Mär. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach sagte FOCUS Online, dass der Politiker das ganze Szenario selbst inszeniert habe. "Im Rahmen der Ermittlungen erhärtete sich der Verdacht, dass es nicht zu den angezeigten Straftaten kam, diese vorgetäuscht waren und eine Bedrohungslage nicht vorlag."
Bei einer Durchsuchung in der Wohnung Subramaniams wurden entsprechende Beweismittel entdeckt. So etwa die Farbe, mit der die hetzerischen Schmierereien aufgemalt worden sein sollen. Zudem soll der Beschuldigte in seiner Vernehmung regelrecht zusammengebrochen sein und die Taten weitgehend eingeräumt haben. Zu seinem Motiv wollten sich Ermittler nicht äußern.
Bei der Grünen-Parteispitze in NRW herrscht das blanke Entsetzen. Yazgülü Zeybek und Tim Achtermeyer teilten auf Anfrage mit: "Hass und Gewaltandrohungen sind ein großes Problem in unserem Land. Um so mehr sind wir davon schockiert, dass Manoj Subramaniam Straftaten gegen sich vorgetäuscht hat." Man erwarte, dass der Ratsherr seine Ämter und Mandate niederlege. Zudem würden weitere Schritte geprüft, "sobald alle Details bekannt sind".