10.09.2024 - 12:27 Uhr
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Kein Wunder! Sagt jetzt der Beamte eines großen Ausländeramtes in Nordrhein-Westfalen. Auch wenn die Regierung gerade 28 Straftäter nach Afghanistan hat zurückfliegen lassen: Abschiebungen bleiben in Deutschland "so gut wie unmöglich". Sie seien sogar noch erschwert worden - durch die Ampel. So sagt es uns der Beamte. Seit 17 Jahren ist der Mann in der Behörde tätig. Und er verzweifelt immer mehr an der aktuellen Rechtslage und an seinem Job. Jetzt packt er in BILD aus!
Der Ärger des Mannes zum Thema Abschiebung - er ist in den vergangenen Tagen noch größer geworden.
Den Mitarbeiter des Ausländeramtes, der sicherheitshalber anonym bleiben möchte, wundert dies gar nicht. Er sei frustriert, sagt er. Auch weil die Politik stets bloß behaupte, konsequenter abschieben zu wollen, dies tatsächlich aber immer weiter erschwere. Vor allem durch das von der Ampel-Regierung eingeführte "Chancen-Aufenthaltsrecht". Der Beamte nennt dieses Gesetz den "Bleibe-Paragrafen".
Ende 2022 trat der Paragraf 104c in Kraft. Er ermöglicht Flüchtlingen, die zum Stichtag 31. Oktober 2022 bereits fünf Jahre in Duldung gelebt haben, für zunächst 18 Monate ein Aufenthaltsrecht zu erhalten. Dann ein langfristiges Bleiberecht.
Die Ampel wollte mit diesem Gesetz versuchen, Flüchtlingen, die ihre Duldung immer wieder erneuern mussten, eine Chance geben, Arbeit zu finden und sich so zu integrieren. Für den Beamten des Ausländeramtes ist das Gesetz ein fataler Fehler. Es sei ein Anti-Abschiebe-Gesetz: "Denn dadurch können Ausländer automatisch 18 Monate in Deutschland bleiben, Abschiebungen werden fast unmöglich!"
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Der Beamte erklärt dies mit den besonderen Details des Gesetzes. So heißt es in dem "Chancen-Aufenthaltsrecht" unter Punkt 1.1.b: "Die Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ist kein Versagungsgrund für eine Aufenthaltserlaubnis." Bedeutet: Auch denjenigen, gegen die bereits ein Abschiebeverfahren läuft, gibt das Gesetz noch einmal eine Bleibe-Perspektive. Damit riskiere die Politik, "dass natürlich auch Extremisten und Gewalttäter hierbleiben. Damit wird unsere Arbeit völlig unmöglich gemacht", sagt der Beamte zu BILD.
Zu den Voraussetzungen für die Beantragung des "Chancen-Aufenthaltsrechts" zählt zwar, dass der Asylsuchende "nicht wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt" wurde. Doch die Realität sehe anders aus, sagt der Beamte. Denn wer zu nicht mehr als 90 Tagessätzen verurteilt wurde, gilt in Deutschland nicht als vorbestraft. Und dürfe bleiben.
Wenn die Person zudem noch Angehörige in Deutschland habe, sei eine Abschiebung nahezu ausgeschlossen. Denn Familien dürften "nicht getrennt werden, insbesondere nicht Kinder von ihren Eltern."
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Und was ist mit der deutschen Sprache als Voraussetzung für ein Bleiberecht? Tatsächlich sieht das "Chancen-Aufenthaltsrecht" "grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache auf dem Niveau A2" vor. Doch der erfolgreich bestandene Onlinetest "Leben in Deutschland" reiche als Nachweis neuerdings aus: "310 einfache Fragen, die 96,4 Prozent der Teilnehmer problemlos bestehen. Und selbst wenn der Asylbewerber beim ersten Mal durchfällt - man kann den Test beliebig oft wiederholen", so der Mitarbeiter des Ausländeramtes.
Genauso einfach könnten Flüchtlinge inzwischen das erforderliche "Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung" erhalten. Dieses Bekenntnis müsse, so erklärt der Ausländeramts-Mitarbeiter, bloß schriftlich eingereicht werden: "Und die dafür notwendige Loyalitätserklärung liegt in 19 Sprachen vor, der Bewerber muss also nur noch unterschreiben."
Der erfahrene Amtsmitarbeiter vermutet, die Regierung wolle mithilfe dieser neuen Gesetzgebung auch ihre Statistik schönen. Denn: Wer ein "Chancen-Aufenthaltsrecht" erhalten hat, ist dann eben nicht mehr ausreisepflichtig. Das verbessert die offizielle Bilanz der Ampel: "So wird aus illegaler Migration plötzlich legale Migration", schimpft der Beamte.
Und tatsächlich: Die Bundesregierung gab bis Ende Juli über 70.000 Ausländern, die eigentlich ausreisepflichtig gewesen wären, ein Bleiberecht. Dies belegen Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Statt 304.308 Ausreisepflichtigen im Jahr 2022 wies die Statistik der Bundesregierung Ende 2023 nur noch 242.642 Ausreisepflichtige nach.
Frustriert sagt der Mitarbeiter des Ausländeramtes zu BILD:
Deshalb ist inzwischen auch die Politik wegen der Folgen des "Chancen"-Gesetzes alarmiert. CDU-Innenexperte Alexander Throm (55) zu BILD: "Die Ampel hat Tausenden von ausreisepflichtigen Flüchtlingen, die sich hier rechtswidrig aufhalten, ein Bleiberecht verschafft. Vor allem wurden Identitätsverweigerern auch ein Aufenthalt geschenkt. Also Menschen, die keinen Schutz brauchen und uns jahrelang über ihre Identität aktiv getäuscht haben dürfen dauerhaft bleiben. Diese wurden dafür jetzt auch noch belohnt."