Mitarbeiter bedroht, bespuckt, beleidigt: Gewalt-Eskalation auf Thüringer Bahnstrecke

Janek Könau

25.04.2024 - 20:54 Uhr

Erfurt (Thüringen) - Das Zugabteil als Zone der Angst? Für Beschäftigte der Süd-Thüringen-Bahn (STB) ist das offenbar bittere Realität.

Der Betriebsrat der Süd-Thüringen-Bahn schlägt angesichts vermehrter Attacken auf Bahnmitarbeiter Alarm. Jetzt sollen die Sicherheitsvorkehrungen weiter verstärkt werden
Foto: Karina Hessland-Wissel

In einem Brandbrief des Betriebsrates des Bahnunternehmens (Tochter der Erfurter Bahn) wird die katastrophale Sicherheitslage auf der Strecke Erfurt-Arnstadt-Suhl-Meiningen angeprangert, schonungslos vom "Schlachtfeld Fahrgastraum" berichtet...

In dem verzweifelten Hilferuf (liegt BILD vor) wird ein Handeln der politischen Akteure gefordert: Dass Kontrolleure und Lokführer vor allem auf Fahrten in den Abend- und Nachtstunden täglich bedroht oder angegriffen würden, sei nicht länger hinnehmbar.

Beleidigungen, Spuck-Attacken, sexistische Bedrohungen

Die im Brandbrief beschriebenen Vorfälle machen sprachlos: Beleidigung bei der Ticketkontrolle, sexistische Bedrohungen der vorrangig weiblichen Servicemitarbeiter, Spuck-Attacken und Voyeurismus. Immer häufiger eskaliere die Situation, kriminelle Fahrgäste würden auch vor Schlägen und Tritten nicht zurückschrecken.

Angriffe auf Mitarbeiter, aber auch Schlägereien unter Fahrgästen sorgten laut dem vierseitigen Brandbrief der Süd-Thüringen-Bahn für ein Arbeitsklima der Angst
Foto: privat

Inzwischen mussten Mitarbeiter den Schilderungen zufolge wiederholt an Bahnhöfen über die Gleise flüchten, um nicht Opfer körperlicher Gewalt zu werden. Außerdem würden Ehemänner ihre Frauen privat im Dienst begleiten, um sie im Notfall zu beschützen.

Brisant: Das Schreiben legt nahe, dass es sich bei den Tätern überwiegend um Migranten und Bewohner des Flüchtlingsheims in Suhl (Thüringen) handele!

Die Bundespolizei warnt vor solch subjektiven Wahrnehmungen: "Die Umstände werden teils emotionalisiert", sagt Polizeisprecher Karsten Täschner. Vielmehr gebe es einen bundesweiten Anstieg von Kriminalitätsdelikten im Bahnverkehr, an dem auch das vermehrte Fahrgastaufkommen aufgrund des Deutschlandtickets ursächlich sei.

Zug der Süd-Thüringen-Bahn im Bahnhof Suhl
Foto: Karina Hessland-Wissel

"70 Prozent der Vorfälle werden gar nicht mehr gemeldet"

Thomas Filip sitzt im Bundesvorstand der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und ist Betriebsrat bei der Erfurter Bahn
Foto: EVG/Andreas Mann

Auch Thomas Filip, Bundesvorstand der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) spricht von einer zunehmenden Verrohung auf den Schienen: "Der Respekt ist verloren gegangen, die Südthüringer Strecke als Brennpunkt kein Einzelfall."

Gerade werte man eine Mitarbeiterumfrage aus, die Tendenz spreche allerdings Bände: "Um zur Deeskalation beizutragen, werden etwa 70 Prozent der Vorfälle gar nicht mehr gemeldet. Dennoch registrieren wir insgesamt mehr Zwischenfälle", so Filip.

Umso wichtiger seien neue Sicherheits-Konzepte. Die DB kündigte zuletzt etwa den Einsatz von Body-Cams an.

Am Mittwoch setzten sich deshalb die Bahnunternehmen mit dem Thüringer Verkehrsministerium und der Bundespolizei zum Sicherheitsgipfel an den runden Tisch. Ergebnis: Es gibt Geld gegen die Gewalt!

Auf Kosten des Landes sollen mit der bislang nicht bekannten Summe Sicherheitsvorkehrungen sowohl bei der STB, die schon seit Januar einen externen Sicherheitsdienst auf der Problemstrecke einsetzt, als auch bei der DB Regio verstärkt werden.

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Die Bundespolizei ist bereits seit November 2023 verstärkt auf Bestreifung, teilweise in zivil. So soll den zunehmenden Angriffen auf Bahnmitarbeiter Einhalt geboten werden. 2022 waren das allein 3138 Angriffe auf DB-Mitarbeiter deutschlandweit - 21 Prozent mehr als noch 2021.

Christian Müller, Betriebsratsvorsitzender der STB, ließ eine BILD-Anfrage unbeantwortet.


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