Zuerst schüchtern in Berlin-Neukölln gewaltbereite Rechtsextremisten Nazi-Gegner ein, nun richten sich die Aktionen gegen Migranten. Das LKA informiert Betroffene über "Feindeslisten", die Sorge vor Neonazis wächst. Und auch das Clan-Problem wird immer größer. Vize-Bezirksbürgermeister Falko Liecke befürchtet wegen des Anti-Diskriminierungsgetzes einen Rückschlag der Polizeiarbeit.
Michael Helbig/dpa-Zentralbild/d Ein Polizist bei einer Razzia gegen Rechtsextreme in Berlin (Symbolbild)Bürgermeister zu Clan-Kriminalität: "Neues Gesetz macht wichtige Polizeiarbeit kaputt"
Der zweite große Problembereich, der den Neuköllnern immer mehr Sorgen bereitet, ist die organisierte Kriminalität arabischer Clanfamilien. Das Phänomen ist wie der militante Rechtsextremismus nicht neu, die Dimension aber schon. "Das, was uns beim Kampf gegen die Clankriminalität gerade noch gefehlt hat, ist das Anti-Diskriminierungsgesetz des Senats", ärgert sich Falko Liecke (CDU), Stadtrat für Bürgerdienste, Jugend und Gesundheit.
dpa/Ferat Kocak/Die Linke Berlin/dpa Ein brennendes Fahrzeug in Berlin-Neukölln nach einem Anschlag auf den Linken-Politiker Ferat Kocak.
Dieser Kampf sei "ohnehin schon schwer genug", sagt Liecke, der seit 2011 auch Vize-Bürgermeister vom Bezirk Neukölln ist. Es mangele an wirkungsvollen juristischen Instrumenten wie einer "vollständigen Beweislastumkehr", um Geschäfte mit illegalem Geld nachweisen zu können. Auch Ermittler im Bereich der Organisierten Kriminalität fordern eine Verschärfung der Gesetze nach dem Vorbild des Anti-Mafia-Kampfes in Italien immer wieder.
Doch nun, da das Anti-Diskriminierungsgesetz beschlossen sei, mache dies wichtige Polizeiarbeit kaputt. "Die Polizisten merken das bei Kontrollen bereits an Habitus und Gestik der Inhaber von Shisha-Bars, wo es für die Beamten in den meisten Fällen immer was zu holen gibt, ganz gleich ob nun unversteuerter Shisha-Tabak, manipulierte Spielautomaten, überbrückte Stromzähler, illegaler Waffenbesitz und vieles mehr", erklärt Liecke.
Mit den neuen Regeln würden jedoch selbst einfache Verkehrskontrollen "immer komplexer und riskanter" für die Beamten werden, die allein im Fall wiederholter Diskriminierungsvorwürfe schnell mit dienstrechtlichen Konsequenzen wie etwa Beförderungssperren zu rechnen hätten. "Die Polizisten erzählen mir, dass sei eigentlich überhaupt keinen Bock hätten, etwa in bestimmten Parks immer wieder Schwarzafrikaner zu kontrollieren. Aber was bleibt ihnen übrig, wenn sie wissen, dass nur ein kleiner Teil der Dealer deutsche Namen trägt, der überwiegende Teil aber nicht? Wer dies ignoriert, der verweigert sich der Realität."
"Selbstbewusstsein der Clans wird steigen"
dpa Polizeibeamte stehen bei einer großen Kontrollaktion in Berlin-Neukölln vor einem gastronomischen Betrieb.
Die Folge dieser Senatspolitik sei, dass die Beamten nun immer öfter einfach stillhielten und nichts täten. "Dieses Gesetz ist reines Ermittlungshindernis, ein Gesetz, das Beamte diskriminiert. Ich werde mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass es wieder rückgängig gemacht wird", sagt der Vize-Bezirksbürgermeister.
Was beim Kampf gegen die Clan-Kriminalität durch das neue Gesetz nun zusätzlich verloren gehe, sei die "abschreckende Wirkung", die die Kontrollen bisher in der Clan-Szene erzielen hätten. "An Selbstbewusstsein mangelt es den Clan-Mitgliedern ohnehin nicht. Und das wird nun wieder zunehmen, wenn den Polizisten die Hände gebunden bleiben", ergänzt Liecke.
Ohne ein "übergeordnetes Konzept", an dem verschiedenste Instanzen wie Gerichte, Polizei, die Politik und Staatsanwaltschaften nicht beteiligt seien, sei es jedoch aussichtslos, die Clan-Kriminalität effektiv zu bekämpfen.