FOCUS-online-Autor Hugo Müller-Vogg
Dienstag, 23.07.2024, 08:07
"Standortpatriotismus", das gefällt dem grünen Vizekanzler. Diese Patriotismus-Variante hatte er vor ein paar Monaten gefordert, als der Deutsche Fußball-Bund den amerikanischen Sportartikelhersteller Nike seinem bisherigen Ausrüster Adidas aus Herzogenaurach vorzog.
Der DFB handelte freilich ökonomischer, als es sich dieser Minister für Ökonomie vorstellen konnte. Er entschied sich für das finanziell ungleich attraktivere Angebot aus Amerika.
Heimatliebe kann für kein Unternehmen und schon gar nicht für einen DAX-Konzern wie das Ludwigshafener Chemieunternehmen der entscheidende Maßstab sein. Denn mit der Anhänglichkeit an das eigene Land lassen sich weder Umsatz noch Gewinn erhöhen, geschweige denn die Aktionäre zufriedenstellen.
Deshalb hätte Habeck keine große Freude gehabt, wenn er den gesamten Ausführungen des BASF-Managers gelauscht hätte. Der hatte nämlich keine frohe Botschaft zu verkünden, wie der "Mannheimer Morgen" berichtet.
Liebelt sprach Klartext:
Habeck hätte bei dieser Veranstaltung erfahren, warum sich viele Unternehmen Standortpatriotismus nicht leisten können. Liebelt zählte sie auf:
Martin Brudermüller, bis Ende April dieses Jahres Vorstandsvorsitzender der BASF, hatte schon vor einiger Zeit Konsequenzen aus den in Deutschland überdurchschnittlich hohen Energiepreisen gezogen. Sein Rezept: Kosten senken und die eine oder andere nicht mehr wettbewerbsfähige Anlage in Deutschland stilllegen.
Zugleich hat Brudermüller das China-Engagement ausgebaut.
Die BASF bekennt sich zwar unverdrossen zu ihrem Stammwerk, dem mit rund 39.000 Mitarbeitern und einer Fläche von 10 Quadratkilometern größten zusammenhängenden Chemieareal der Welt. Doch macht Ludwigshafen täglich einen Verlust von 4 Millionen Euro.
Wenn nur die BASF angesichts ihrer besonderen Abhängigkeit vom Erdgas Schwierigkeiten hätte, wäre das kein Problem. Doch andere Unternehmen verlagern ihre Produktion ebenfalls zunehmend ins Ausland.
Was ebenso schlimm ist: Die Direktinvestitionen ausländischer Unternehmen bei uns gehen zurück. Manche Ökonomen malen bereits das Bild einer drohenden De-Industrialisierung an die Wand - ein Schreckensgemälde.
Dagegen hilft kein Standortpatriotismus à la Habeck. Dagegen hilft nur eine Politik, die die Attraktivität des Standorts erhöht - durch eine sichere und bezahlbare Energieversorgung, eine moderne Infrastruktur, international wettbewerbsfähige Steuern und die überfällige Digitalisierung des ganzen Landes.
Der grüne Wirtschaftsminister und die Ampel-Regierung verweisen gern auf große Investitionen ausländischer Unternehmen in Deutschland wie die Chip-Fabrik von Intel, das Werk des schwedischen Batteriezellen-Herstellers Northvolt oder die "Gigafactory" von Tesla.
So erfreulich diese Investitionen auch sind: Ohne Milliarden-Subventionen wären diese Unternehmen nicht nach Deutschland gekommen. Warum auch sollten ausländische Investoren die Rahmenbedingungen bei uns attraktiver finden als deutsche?
Der BASF-Manager Liebelt machte das Dilemma deutscher Manager deutlich: Soll man alte Anlagen für viel Geld auf den neuesten Stand bringen oder sie nicht besser an einem anderen Standort bauen?