Habecks Sparvorschläge Das überhebliche Statement des Grünen-Ministers

Veröffentlicht am 25.06.2022 | Lesedauer: 2 Minuten

Von Jörg Wimalasena
Politischer Korrespondent

Der grüne Wirtschaftsminister will keine Prämie für Haushalte spendieren, die Energie sparen. In versnobter Weise erteilt Robert Habeck Ratschläge, die auf Menschen am Existenzminimum wie Hohn klingen müssen.

Robert Habecks Erwartungshaltung an die Bevölkerung ist zynisch, findet WELT-Autor Jörg Wimalasena
Quelle: picture alliance/Flashpic/Jens Krick; WELT/Martin U.K. Lengemann

Jeder Sechste in Deutschland - das ergab jüngst eine Umfrage - hat wegen der hohen Inflation bereits Mahlzeiten ausgelassen. Die immens steigenden Lebenshaltungskosten sind also keineswegs ein Luxusproblem. Da ist die Frage nach weiteren Entlastungen für Bürger nachvollziehbar, die Marietta Slomka Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Donnerstag stellte.

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Die ZDF-Moderatorin wollte von Habeck wissen, ob der Staat nicht als "Belohnung" Haushalten, die weniger Gas als im Vorjahr verbrauchen, eine Energiesparprämie zahlen könnte. Eigentlich ein fairer - wenn auch unzureichender -Vorschlag. Denn schließlich will der Staat bei seinen Bürgern, die teils ohnehin in prekären sozialen Verhältnissen leben, ein aus dessen Sicht wünschenswertes Verhalten herbeiführen. Gleichzeitig würde man die Bevölkerung entlasten.

Habeck wies den Vorschlag dennoch brüsk zurück. "Wenn da jemand sagt, ich helfe nur, wenn ich noch mal 50 Euro krieg', würde ich sagen: ‚Die kriegst du nicht, Alter!'". Er glaube nicht, dass man "alles belohnen muss". Die hohen Preise seien Sparanreiz genug.

Das ist ein überhebliches Statement des Grünen-Ministers, dessen Parteikollegen und Wähler meist aus dem gut situierten Bürgertum kommen, in dem die Kostenerhöhungen kaum eine Rolle spielen. Im selben Interview erklärte Habeck noch, wie viel Prozent Energie man einsparen könne, wenn man Wohnräume weniger stark heize. Doch schon jetzt heizen viele Menschen, die knapp über der Bedürftigkeitsgrenze liegen, kaum noch, oder nur in einzelnen Räumen.

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In vielen schlecht isolierten oder schimmelanfälligen Gebäuden lassen sich kaum Heizkosten einsparen. Viele arme Menschen können gar nicht die Sparziele erfüllen, die für eine Prämie notwendig sind. Und dass viele Studenten und Rentner nicht einmal die 300 Euro Energiepauschale bekommen, macht Habecks Erwartungshaltung an die Bevölkerung doppelt zynisch. Besser wäre es, der Staat würde die Heizkosten - ähnlich wie bei Hartz IV - für eine breitere Zahl einkommensschwacher Menschen komplett übernehmen. Doch das schwebt Habeck nicht vor.

Aber dann auch noch zu implizieren, der vermeintlich unbelehrbare Durchschnittsdeutsche solle nicht erwarten, für schwer zumutbare Einschränkungen der eigenen Lebensqualität und Gesundheit entschädigt zu werden, klingt versnobt - vor allem auch, wenn Habeck sein fiktives Gegenüber mit "Alter" anredet. Und wenn er möchte, dass man beispielsweise mit neuen Duschköpfen Warmwasser einspart, müsste der Minister aus der Agenda-2010-Partei Bündnis 90/Die Grünen erklären, wie Menschen, die mit Hartz IV am Existenzminimum leben, solche Ausgaben finanzieren sollen.


Quelle: welt.de