Grüne Planwirtschaft Wie wäre es mit Windrädern in Prenzlauer Berg?

Stand: 10.05.2022 | Lesedauer: 3 Minuten

Von Ulf Poschardt
Chefredakteur

WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt
Quelle: Claudius Pflug
Wirtschaftsminister Robert Habeck will den Ausbau der Windkraft beschleunigen - und deshalb regionale Abstandsregeln für Windräder aufweichen. Von der hohen Warte der Großstadt werden Landkreisen und Gemeinden einfach Planungsziele verordnet.

Passiert endlich was auf dem Tempelhofer Feld? Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck will zur Beschleunigung des Ausbaus der Windkraft gesetzlich gegen regionale Beschränkungen vorgehen, die mit Abstandsregeln den ebenso üppigen wie scheußlichen Ausbau der Windkraft einhegen.

Natürlich zielt Habeck, der Vorzeige-Grüne, damit nicht auf seine Wählerhochburgen, sondern auf Sonderregeln wie in Bayern, wo vorgesehen ist, dass der Abstand eines Windrades zur nächsten Wohnsiedlung mindestens das Zehnfache der Größe der Windkraftkonverter beträgt.

In Tempelhof-Schönberg haben 42,5 Prozent der Wähler:innen (das muss man, liebe empörte konservative Leserinnen und Leser, in diesem Fall so schreiben) die Grünen gewählt.

Im Zweifel materialisiert das Wahlkreuz bei den Grünen vor allem den Wunsch, dass sich der Rest nach deren Weltanschauung und lebensweltlichen Koordinaten richten soll - die verachtete ländliche Provinz vor allem, in der die Bürger im Zweifel weder gendern noch mit dem Liegefahrrad in den Coworking Space strampeln.

Die ganze Sache mit der Energiewende sei natürlich richtig, aber am liebsten dort, wo die Anderen wohnen. Ideal wäre da wohl ein grünes Band vor allem durch Landkreise, wo die AfD stark ist.

So wird es aber nicht laufen. Was bei der Windkraft dazu führt, dass die sinnvollen Windkraftanlagen in Nord- und Ostsee kaum Stromtrassen haben, mit denen der üppige Strom nach Tübingen oder Freiburg gelangt. Viele Bürgerinitiativen, die gegen den Bau der Stromtrassen protestieren, sind grün.

Das fällt auch den Wohlwollensten auf. Unseren zauberhaften Kollegen und Freund:innen (hier muss es auch sein) von der "taz" zum Beispiel, die diese aktuellen grünen Pläne vor allem wegen der "übergriffigen Art" kritisiert, "mit der aus großstädtischer Perspektive den Flächenländern und den Gemeinden Planungsziele übergestülpt werden sollen".

Was soll man sagen? Die "taz" hat - wie so oft - recht. Die Grünwähler, die das ja alles mehr wollen als alle anderen, sollten mit gutem Beispiel vorangehen. Der biedere Charme des Kollwitzplatzes in Prenzlauer Berg könnte durch zwei, drei mittelgroße Windräder futuristisch aufgepeppt werden.

Im Hamburger Schanzenpark, direkt an der Sternschanze, wo die Grünen 41,5 Prozent eingefahren haben, ginge sicher auch noch was. Und die Windräder könnten den Art Directoren zum Lunch beim Szene-Portugiesen neue Inspiration für die LinkedIn-kompatiblen Nachhaltigkeitskampagnen liefern.

Steuererhöhungspläne setzen ja in der Regel da an, wo die Kernwählerschaft nicht hinkommt. Dasselbe gilt für das Tempolimit, das im Fuhrpark der Superwähler kaum Einschränkung bedeutet. "Wären die Rahmenbedingungen klug gesetzt", heißt es an berufenster Stelle, "würden Länder und Gemeinden selbst merken, welche Vorteile der Ausbau der Erneuerbaren bringt. Dann müsste Berlin niemanden mit planwirtschaftlich anmutenden Quoten drangsalieren". Zitat aus der "taz". Genau so isses.


Quelle: welt.de