Von Anna-Lena Kornfeld und
02.03.2024, 20.12 Uhr aus DER SPIEGEL 10/2024
Die AfD bekam 2021 im Osten deutlich mehr Zweitstimmen als in den meisten Regionen im Westen
Ähnlich war das Bild bei den Linken. Ihre Stimmen holte die Partei vor allem in den neuen Bundesländern.
Umgekehrt war die Lage bei den Grünen. Ihr Stimmanteil war im Westen häufig höher als im Osten.
Auch beim Einkommen der Menschen bestehen nach wie vor beachtliche Lücken zwischen Ost und West. Die Mediangehälter pro Monat und Kreis belegen dies eindrücklich.
Das Mediangehalt ist ein guter Indikator für die generelle Einkommenshöhe. 50 Prozent aller Menschen verdienen weniger oder höchstens so viel wie der Median. Die übrigen 50 Prozent bekommen mindestens genauso viel wie das Mediangehalt oder mehr.
Gut steht der Osten da bei der Betreuungsquote von Kindern unter drei Jahren. Ein klassisches Erbe der DDR, in der der Staat Kinder von kleinauf in seine Obhut nahm.
Die bessere Kinderbetreung in den neuen Ländern hängt eng zusammen mit der höheren Frauenerwerbsquote. Mütter können ja erst dann arbeiten, wenn sie sich nicht ganztägig um ihre Kinder kümmern müssen.
Vergleichsweise hohe Frauenerwerbsquoten erreichen jedoch auch Bayern und Baden-Württemberg.
Ein Problem der neuen Bundesländer ist die Überalterung. In den wirtschaftlich schwierigen Jahren direkt nach der Wiedervereinigung sank die Geburtenrate, zudem suchten sich viele Menschen Jobs im Westen.
Altersarmut ist überall dort ein Problem, wo die Erwerbsquote von Frauen niedrig ist. Ein sichtbarer Vorteil für den Osten, wo mehr Frauen gearbeitet und damit eigene Rentenansprüche erworben haben. Auch Bayern und Teile Baden-Württembergs stehen vergleichsweise gut da.
Der Osten profitiert von den vergleichsweise niedrigen Mieten. Der Anteil des für Miete aufgewendeten Haushaltseinkommens ist meist niedriger als im Westen. Brandenburg bildet eine Ausnahme: Dort führt die Nähe zu Berlin zu anteilig höheren Wohnkosten für die Menschen.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist in Ostdeutschland generell niedriger als in Westdeutschland. Doch es bestehen regional große Unterschiede, die Deutschlandkarte mit den Werten je Kreis ist entsprechend fleckig. Den höchsten BIP-Wert erreicht mit 159.000 Euro je Einwohner die Stadt Wolfsburg, Sitz des Autokonzerns VW.
Die Karte mit den Patentanmeldungen je Beschäftigten offenbart die Probleme des Ostens deutlich. Innovative Industrien sind hier - noch - selten zu finden. Einzige Ausnahmen: der für Unternehmensgründungen bekannte Landkreis Teltow-Fläming sowie die Technologie-Stadt Jena und benachbarte Kreise in Thüringen.
Auf der Karte der Grundstückspreise für baureifes Land stechen die wirtschaftsstarken, dicht bebauten Metropolregionen Deutschlands hervor. Also München, Stuttgart, Frankfurt, Köln, Hamburg und Berlin. An der Küste von Mecklenburg-Vorpommern sind die Preise für Bauland ähnlich hoch wie in Schleswig-Holstein. Niedrige Preise gibt es vor allem in der Mitte Deutschlands.
Bei den erneuerbaren Energien ergibt sich kein klares Bild. Die installierte Leistung je Quadratkilometer variiert stark von Kreis zu Kreis - im Osten und Westen gleichermaßen.
Einkommen, politische Präferenzen, Altersarmut - die alte Ost-West-Grenze bleibt bei vielen Kennzahlen und Parametern bis heute sichtbar. Doch längst nicht mehr bei allen. Beispiel Bürgergeld. Hier zeigt die Deutschlandkarte kein Ost-West-, dafür aber ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. Nicht nur im Osten sind viele Menschen auf Bürgergeld angewiesen, ebenso in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen. Am besten steht Bayern da, gefolgt von Baden-Württemberg. Die höchsten Bürgergeldquoten haben Großstädte - das gilt für Ost und West gleichermaßen.