Gerichtstermin geschwänzt Klima-Kleber äußern sich zu Doppelmoral-Vorwurf wegen Fernreise FOCUS online/Wochit Klima-Kleber schwänzen Gerichtstermin, um nach Bali zu fliegen

Donnerstag, 02.02.2023, 15:01

Zwei Klimaaktivisten fehlten am Montag bei einem Gerichtstermin. Der Grund: Die beiden sind nach Südostasien gereist. Doppelmoral oder Privatsache- was sagen die Bürger? Und mittlerweile hat sich die "Letzte Generation" nochmal zu dem Fall geäußert.

Zwei Aktivisten der "Letzten Generation" haben am Montag offenbar einen Gerichtstermin sausen lassen. Der Grund: Die beiden machen einem Bericht der "Bild" zufolge Urlaub auf Bali. Für den Klimaschutz auf die Straße legen aber einen Langstreckenflug nach Bali antreten? Dieses widersprüchliche Verhalten sorgt in ganz Deutschland für Diskussionen.

Ein Sprecher der Letzten Generation verteidigte den klimaschädlichen Ausflug der Aktivisten gegenüber "Bild" mit den Worten: "Sie haben den Flug als Privatleute gebucht, nicht als Klimaschützer. Das muss man auseinanderhalten." Doppelmoral oder Privatsache - das sagen Bürger und Bürgerinnen zu dem Vorfall.

"Alle Häme dieser Welt verdient"

Der Journalist und Geschäftsführer von "Demokratie in Arbeit", Stephan Anpalagan, ärgert sich auf Twitter: "Wer sich für den Klimaschutz auf die Straße klebt und anschließend einen Gerichtstermin verpasst, weil er in den Bali-Urlaub geflogen ist, hat alle Häme dieser Welt verdient".

FOCUS Online-Leserin Claudia Bischoff-Wanner zeigt sich ähnlich empört: "Die übliche Heuchelei und Doppelmoral. Klimaschutz? Flugscham? CO2 sparen? Im Prinzip ja, vor allem gilt das aber für die anderen, ich selber muss jetzt erstmal Urlaub machen in Bali."

Twitter-Userin Livia Class stört vor allem das Fehlen bei einer Gerichtsverhandlung: "Die Flugreise ist ja eine Sache, aber den Stinkefinger in Richtung Gericht die andere". Die Konsequenz daraus sei für die Aktivisten lediglich eine Einladung zur nächsten Talkshow, so Class.

Auch FOCUS-Kolumnist Fleischhauer äußert Kritik

FOCUS-Kolumnist Jan Fleischhauer schreibt auf Twitter: "Wichtiger Hinweis von @AufstandLastGen . Wenn Sie das nächste Mal wegen einer Reise auf die CO2-Bilanz angesprochen werden: Darauf hinweisen, dass Sie als Privatperson und nicht als Klimaschützer unterwegs waren, dann ist alles okay". Twitter-User Christoph Preuß bezeichnet dies ebenso als Lifehack.

Der Wirtschaftswissenschaftler Jan Schnellenbach zieht auf Twitter einen historischen Vergleich: "Die Art, wie die Klimaszene hier die Urlaubsflüge der Letzten Generation nach Bali verteidigt, erinnert stark an die Art, wie in den 80ern die Bhagwan-Jünger die 100 Rolls Royce im Besitz ihres Gurus verteidigten".

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Ganz anders sieht dies Klimaschutzaktivist und Buchautor Maurice Conrad. Er kritisiert auf Twitter die Debatte hinter dem Bali-Urlaub der beiden Aktivisten: "Sie offenbart, wie weite Teile der Mediengesellschaft kognitiv nicht in der Lage sind, politische Forderungen (Klimaabkommen) und Konsumkritik / Verzicht auseinanderzuhalten".

Satiriker Sebastian Hotz zieht diesbezüglich auf Twitter einen ironischen Vergleich: "Klimaaktivist*innen, die nach Bali fliegen?! Was kommt als Nächstes?? Autokonzerne die mit Umweltschutz werben???!!!?"

Schäden der Letzten Generation in Rechnung stellen

FOCUS online -Leser Ronald Haln überrascht die Doppelmoral nicht. So schreibt er: "Klimaaktivistin Fr. Neubauer in der FridayforFuture Bewegung ganz vorne dabei, hatte auch keine Probleme mit Fernreisen um ihrem Hobby (Surfen) nachzugehen".

Bianca Stedling, FOCUS-online Leserin, schlägt vor, den Aktivisten der "Letzten Generation" alle entstandenen Schäden in Rechnung zu stellen. Dann hätten die Aktivisten kein Geld mehr, um das Klima durch ihre Urlaubsflüge zu schädigen, schreibt Stedling weiter.

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Letzte Generation: Aktivisten sind nach Thailand gereist

Mittlerweile hat sich die "Letze Generation" per Pressemitteilung nochmal zu Wort gemeldet. Darin geben sie an, dass der Aktivist mit dem Gericht seine Abwesenheit abgesprochen habe und dann nach Thailand gereist sei. Dort wolle er mit seiner Freundin "mehrere Monate" verbringen.

Unklar bleibt einerseits, zu welchem Zweck sie dort sind. Und auch, ob sie nach Bali und Thailand geflogen sind oder nur nach Thailand. In der Pressemitteilung heißt es zwar, dass man "nachvollziehen" könne, "dass negative Gefühle ausgelöst werden - gerade bei ökologisch bewusst lebenden Menschen -, wenn Protestierende der Letzten Generation in ein Flugzeug steigen. Vielen von uns geht es so."

Doch dann geht die "Letze Generation" zum Gegenangriff über. Es sei doch lediglich ein "Haar in der Suppe gefunden" worden. Dies sei "erwartbar". Und das sei doch, "angesichts der Katastrophe, die wir als Letzte Generation vor den Kipppunkten versuchen zu verhindern, immer wieder traurig".

Weiter heißt es in der Mitteilung: "Und seien wir mal ehrlich: Ist es keine Doppelmoral, "Klimakanzler" zu sein und Lützerath abzubaggern? Ist es keine Doppelmoral, Klimaschutz wichtig zu finden, aber in Bayern keine Windkraftanlagen haben zu wollen? Ist es keine Doppelmoral, in der Klimakrise den Autobahnausbau als Lösung zu verkaufen? Das Rasen auf den Autobahnen als Freiheit zu sehen, eine Freiheit, für die andere mit ihrem Leben bezahlen müssen?"

Fernreise statt Gerichtstermin

Im September hatten Luisa S. und Yannik S. mit anderen Aktivisten den Berufsverkehr in Stuttgart blockiert und sich auf B10 geklebt. Vor dem Amtsgericht Cannstatt sollte Luisa S. als Zeugin und Yannik S. als Angeklagter erscheinen.


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