Gastbeitrag von Gabor Steingart Mit der Gasumlage hält Habeck 21 Millionen Deutsche zum Narren

Gastautor Gabor Steingart
Dienstag, 23.08.2022, 08:04

Zur Person
Gabor Steingart zählt zu den bekanntesten Journalisten des Landes. Er gibt den Newsletter "The Pioneer Briefing" heraus. Der gleichnamige Podcast ist Deutschlands führender Daily Podcast für Politik und Wirtschaft. Seit Mai 2020 arbeitet Steingart mit seiner Redaktion auf dem Schiff "The Pioneer One". Vor der Gründung von Media Pioneer war Steingart unter anderem Vorsitzender der Geschäftsführung der Handelsblatt Media Group.

Die von der Regierung Scholz geplante Gasumlage schaffe grobe soziale Ungerechtigkeiten. Hier sechs Gründe, die erklären, warum der "Respekt", den Kanzler Olaf Scholz (SPD) den Bürgern beim Wahlkampf versprach, bei der Gasumlage ausbleibt. The Pioneer
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)

Der Bundeskanzler hatte bei seiner Wahl versprochen, Respekt sei das Leitmotiv seines Regierungshandelns. Aber die geplante Gasumlage ist in höchstem Maße respektlos - und zwar gegenüber dem Gaskunden. Hier sind die sechs Gründe, die unsere Regierung unbedingt zur Kenntnis nehmen sollte, bevor sie daran geht, Milliarden beim Bürger abzusaugen und sie auf die falschen Konten zu pumpen:

Energiekonzerne machen gute Geschäfte mit gestiegenen Energiepreisen

1. Die meisten Energiekonzerne, die Hilfen aus dem Umlagefonds beantragt haben, brauchen das Geld gar nicht. Sie machen derzeit sehr gute Geschäfte mit den gestiegenen Energiepreisen; die wenigsten Unternehmen sind ganz und gar vom Gas abhängig. Im Handelsblatt heißt es: "Von den insgesamt zwölf Konzernen, die nach ersten Schätzungen mit 34 Milliarden Euro unterstützt werden sollen, sind nach Handelsblatt-Recherchen die wenigsten auf staatliche Hilfe angewiesen. Die meisten dürften betriebswirtschaftlich als ungefährdet gelten. "

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Verbraucherzentrale: Unding, dass Verbraucher Gewinne von Unternehmen zahlen

2. Manche Unternehmen werden durch die Umlage sogar einen Extra-Profit verbuchen, denn sie werden vorab für ein Risiko entschädigt, das sie so gar nicht haben. "Die Umlage-Profiteure" schlagzeilt das Handelsblatt. Die neue, von den Grünen stammende Chefin der deutschen Verbraucherzentrale Ramona Pop macht aus ihrem Unmut keinen Hehl: "Es darf nicht sein, dass Verbraucher und Verbraucherinnen die Gewinne und Dividenden von Unternehmen finanzieren. "

Energiekrise: Kein Automatismus, Steuerreduktion an Verbraucher weiterzureichen

3. Die Umlage gleicht einem Schildbürgerstreich, offenbar designt, um die Umverteilungsexperten im Staatsapparat auf Trab zu halten. Denn: Die Bürger zahlen Milliarden an die Energiekonzerne, wofür sie vom Staat mit einem reduzierten Mehrwertsteuersatz entlastet werden sollen.

Allerdings: Die Steuerreduktion muss keineswegs automatisch an die Verbraucher weitergereicht werden, worauf am Wochenende ifo-Präsident Clemens Fuest hinwies.

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Gasumlage schafft grobe soziale Ungerechtigkeit in Deutschland

4. Durch den Dreiecksverkehr entsteht - gewissermaßen als Nebenbedingung - eine grobe soziale Ungerechtigkeit. Denn nicht alle Bürger zahlen die Gasumlage, sondern nur die 21 Millionen Gaskunden. Ausgerechnet die sind schon heute gebeutelt und werden in den nächsten Monaten noch verstärkt die Peitsche des Marktes zu spüren bekommen. Derzeit kostet die Megawattstunde Erdgas an der niederländischen TTF-Börse 225 Euro, für Gasmengen, die im September geliefert werden. Vor einem Jahr lagen die Preise noch bei knapp 26 Euro.

Bürger zahlt für Rettung der Gashändler - doch was, wenn die wieder Gewinne machen?

5. Unklar ist, was passiert, wenn die Energiekonzerne in wenigen Jahren wieder Milliardengewinne melden. Hier werden Unternehmen nicht mit Krediten gerettet, die zurückgezahlt werden, oder mit Staatsbeteiligungen, die gewinnbringend verkauft werden können. Der Bürger zahlt vorsorglich für die Rettung der Gashändler - ohne zu wissen, ob sein Geld nicht binnen kurzer Zeit als Bonuszahlung beim Vorstand oder als Dividende bei den Aktionären landet. Die SPD-Linke, würde sie nicht gerade mitregieren, würde an dieser Stelle von einer Umverteilung von unten nach oben sprechen.

Warum sollen Bürger für Schaden zahlen, den Gazprom verursacht hat?

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6. Das Verursacherprinzip steht Kopf. Die Gasumlage beschafft Geld vom Bürger, wo doch in Wahrheit Gazprom für den Schaden verantwortlich ist. Denn die Schwierigkeiten im Energiemarkt sind nicht durch die Gaskunden entstanden, sondern durch die russische Gasfirma, die nicht mehr im gewünschten Umfang und zum verabredeten Preis liefert. Deswegen müssen sich die deutschen Abnehmer von Gazprom jetzt mit teurer Ware am Spotmarkt eindecken.

Wenn es mit rechten Dingen zugehen würde, müssten die deutschen Abnehmer des Gases gegen Gazprom klagen. Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach erklärte immerhin, dass die Vorbereitungen dafür im Gange seien: "Wir werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln gegen die Vertragsverletzungen durch Gazprom vorgehen. "

Eine aus politischen Motiven herbeigeführte Lieferuntreue ist kein Kavaliersdelikt. Warum die Bürger hier als Lückenbüßer in Haftung genommen werden, bleibt unklar.

Fazit: Diese Gasumlage hat sich Till Eulenspiegel einfallen lassen. Als sein Vertreter auf Erden setzt Robert Habeck allen 21 Millionen Gaskunden die Narrenkappe auf.

In den Medien tun viele so, als sei das eine gute Idee des beliebten Ministers. Keiner traut sich, den Wahnsinn einen Wahnsinn zu nennen, weil keiner ihn bisher einen Wahnsinn nennt. Oder um es mit Heinrich Heine zu sagen: "Das ist schön bei den Deutschen: Keiner ist so verrückt, dass er nicht einen noch Verrückteren fände, der ihn versteht."


Quelle: focus.de