Führen "Dark Ships" zu den Tätern? Heiße Spur bei Nord Stream-Ermittlungen Verweis auf nationale Interessen abgebügelt. Nun hat ausgerechnet eine private Datenanalyse-Firma eine heiße Spur gefunden. Im Fall des folgenschwersten Anschlags dieses Jahres könnten die Ermittler einen Schritt weiterkommen. Es geht um die Explosionen, die drei der vier Nord Stream-Gasröhren Ende September zerstört haben. Bilder vom Tatort belegen die Theorie einer absichtlichen Sprengung. Aber wer war es?

Bei der Suche nach einer Antwort gibt es jetzt eine erste heiße Spur: Kurz vor den Explosionen haben offenbar zwei sogenannte "Dark Ships" (dunkle Schiffe) das Gebiet durchkreuzt.

Das berichtet die US-amerikanische Computerzeitschrift "Wired" und beruft sich auf Analysen der Firma SpaceKnow. Die Daten-Analyse-Firma mit Sitz in New York und Prag hat auf Satellitenaufnahmen zwei große Schiffe identifiziert, die allerdings alle Sender, die dazu dienen, Schiffe zu orten und zu identifizieren, ausgeschaltet hatten. Sie kreuzten kurz vor den Explosionen am Tatort.

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Schiffe versuchten Standortinformationen zu verbergen

Laut SpaceKnow handelt es sich um zwei jeweils bis zu 130 Meter lange Schiffe. "Sie hatten ihre Signale ausgeschaltet, was bedeutet, dass es keine Informationen über ihre Bewegung gab, und sie versuchten, ihre Standortinformationen und allgemeine Informationen vor der Welt zu verbergen", erklärt SpaceKnow-Chef Jerry Javornicky.

Um Kollisionen auf hoher See zu verhindern, ist für Schiffe ab einer bestimmten Größe eigentlich weltweit das sogenannte "Automatic Identification System" (AIS) Pflicht.

Es sendet ein Signal, das nicht nur von anderen Schiffen und Behörden, sondern auch von Interessierten online verfolgt werden kann. Auf diese Weise ist der Aufenthalt der meisten Schiffe in Echtzeit nachzuverfolgen. Die fraglichen Schiffe hatten diese Vorrichtung abgeschaltet.

SpaceKnow gelang es dennoch, die Schiffe dank einer speziellen Technologie zu entdecken. Dafür nutzt das Unternehmen eine Analysemethode, die es mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) betreibt. Im sogenannten SAR-Verfahren können Satelliten die See mit elektromagnetischen Wellen abtasten.

Die so entstandenen Darstellungen sind Fotografien ähnlich. SpaceKnow ist darauf spezialisiert, per Software sogenannte "Dark Ships" auf solchen Aufnahmen erkennbar zu machen.

Was an sich dazu dient, beispielsweise illegale Fischerei zu bekämpfen oder Schmugglern auf die Spur zu kommen, könnte nun Hinweise auf die Pipeline-Terroristen liefern.

Noch viele offene Fragen

Otto Tabuns, der Direktor der NGO Baltic Security Foundation, sagte dem Magazin "Wired", dass es selten vorkommt, dass ein Schiff seine Sender in den Gewässern der Ostsee ausschaltet, es sei denn, es gebe "heimliche Ziele".

Normalerweise führt die Entdeckung solcher Schiffe zu einer Suchaktion. Die nächsten anzulaufenden Häfen müssten sogenannte Hafenstaatkontrollen durchführen. Inspekteure gingen an Bord und können die Schiffe festsetzen. Ob das passiert ist, gehört derzeit zu den Fragen, auf die niemand antwortet.

Es ist nicht die einzige Frage. Unklarheit herrscht beispielsweise auch darüber, ob die vierte Röhre des Pipeline-Systems noch intakt ist. Russland behauptet ja, die Bundesregierung - von der AfD danach gefragt - hält "negative Auswirkungen" der Explosionen auf die vierte Röhre für wahrscheinlich und tendiert zum Nein.

Russland macht die USA verantwortlich

Die Fragen der linken Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht nach Nato-Schiffen, die sich zum Zeitpunkt des Anschlags in der Gegend befanden, beantwortete die Bundesregierung so: Sie sei nach sorgfältiger Abwägung zu dem Schluss gekommen, dass Auskünfte aus Gründen des Staatswohls nicht erteilt werden können.

"Die erbetenen Auskünfte unterliegen den Restriktionen der Third Party Rule, die den internationalen Austausch von Informationen der Nachrichtendienste betrifft." Die Regel besagt, dass Geheimdiensterkenntnisse nicht transparent gemacht werden müssen.

Unmittelbar nach dem Anschlag hatten deutsche Politiker Russland der Sabotage beschuldigt. Russland dagegen behauptet, die USA und Großbritannien steckten hinter dem Anschlag.

Tatsächlich hatte US-Außenminister Antony Blinken die Folgen des Anschlags als "enorme Chance" für die USA bezeichnet, die nun mehr Gas nach Europa liefern könnten. Beweise für die eine oder andere Anschuldigung stehen bislang jedoch aus.

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