Forscher schlagen Thallium-Alarm: Todes-Gift verseucht unsere Ostsee

... und ausgerechnet der Umweltschutz macht es schlimmer!

Jana Godau

12.05.2024 - 15:27 Uhr

Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) - Ein vergessenes Gift im Meeresboden bedroht unsere Ostsee. US-Wissenschaftler haben im Binnenmeer das weltweit größte mit Thallium verseuchte Gebiet gefunden. Und ausgerechnet die Versuche der Anrainer-Staaten, das Ökosystem der Ostsee zu retten, machen alles noch viel schlimmer.

Dünen, Strandkörbe, blaues Meer - Zingst in Mecklenburg-Vorpommern ist für viele Urlaubsidylle pur. Doch die Idylle trügt: In der Tiefe der Ostsee lauert ein tödliches Gift
Foto: Jens Wolf/ZB/dpa/picture allianc

Thallium ist für Menschen und Tiere das giftigste Metall, das Toxikologen kennen. Es kann zu Hirnschäden und sogar zum Tod führen.

Und DAS, obwohl bereits Wasserversauerung und Bakterien den Badeurlaub an der Ostsee gefährden!

Gesamte Ostsee ist vom Gift bedroht

Dieses Gerät wurde in die Ostsee abgesenkt, um Proben aus dem Meeresboden zu nehmen
Foto: Colleen Hansel/Woods Hole Oceanographic Institution

Wissenschaftler der renommierten Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI) aus Massachusetts (USA) haben den Boden der Ostsee mithilfe von Bohrungen untersucht. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin "Environmental Science & Technology" veröffentlicht - und sie sind erschreckend! Das Thallium könnte die gesamte Ostsee vergiften.

Schuld sind die Abwässer der Schwer- und Zement-Industrie, die 80 Jahre lang nahezu ungefiltert über die Flüsse ins Meer gespült wurden. Das Thallium setzte sich nahezu im gesamten Ostseeboden fest.

Weltweit größtes mit Thallium verseuchtes Gebiet

Wissenschaftler Chad Ostrander mit einer Sediment-Probe aus dem Ostsee-Boden
Foto: Colleen Hansel/Woods Hole Oceanographic Institution

Die höchste Belastung, die in den Bohrkernen gefunden wurden, lag bei 2,5 Mikrogramm pro Gramm Sediment, 14 Zentimeter unter der Oberfläche.

Wissenschaftler Sune Nielsen: "Soweit mir bekannt ist, handelt es sich hierbei um das geografisch umfangreichste Gebiet mit Thallium-Kontamination, das jemals dokumentiert wurde."

Unter dem Sand ist das Gift relativ ungefährlich - doch es bleibt dort nicht! Denn die Ostsee-Anrainer-Staaten wie Deutschland, Schweden, Dänemark und die baltischen Staaten pumpen seit ein paar Jahren massiv Sauerstoff ins Meer.

Fische bringen Gift in unsere Nahrung

Damit sollen die sogenannten "Todeszonen", Flächen mit extrem sauerstoffarmen Wasser, renaturiert werden. Das Problem: Durch die Sauerstoffzufuhr lösen sich die Thallium-Ionen aus dem Schlick und schwimmen frei im Meer herum. Die sind nicht nur bei Hautkontakt giftig, sondern reichern sich auch in Fischen an und gelangen so in unsere Nahrungskette.

Badegäste im Urlaub am Strand in Gefahr

Die Forscher warnen: Der Sauerstoffgehalt des Meeres sollte so gering bleiben wie derzeit - sonst wird das Gift freigesetzt. Es bedroht nicht nur Pflanzen und Tiere, sondern auch Badegäste beim Strandurlaub.

Allein an der deutschen Ostseeküste machen jedes Jahr 6,4 Millionen Menschen Urlaub.

Das giftige Thallium gehört zu den Schwermetallen. Es kommt in der Natur vor (auch in der Luft), in Lebensmitteln, im Trinkwasser. Das aber meist nur in sehr geringen Mengen.

So gefährlich ist Thallium

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