Samstag, 20.01.2024, 17:52
Die Testläufe für Bezahlkarten für Flüchtlinge in zwei Thüringer Landkreisen lösten gemischte Reaktionen aus. Die Greizer Landrätin Martina Schweinsburg (CDU) lobte das Projekt am Donnerstag als "vollen Erfolg". Auch die Verantwortlichen in Eichsfeld zeigten sich zufrieden mit den ausgegebenen Karten. Im Gegensatz dazu übte der Flüchtlingsrat scharfe Kritik.
Seit 1990 im Amt: Landrätin Martina Schweinsburg
In Greiz nutzen laut Schweinsburg derzeit 200 der 740 Asylbewerber die Karte. Sie erhielten darauf fast alle Leistungen, im Schnitt 100 Euro bekämen sie bar. Bezahlt werden könne überall, wo Mastercard akzeptiert werde. Das System sei störungsfrei angelaufen, aus der Wirtschaft habe es positive Rückmeldungen gegeben. Außerdem sei der Verwaltungsaufwand gesunken. In der Bevölkerung komme das gut an.
Und noch einen Punkt betonte Schweinsburg: Die Karte sei regional beschränkt, damit bleibe das Geld im Landkreis. Teils habe es Beschwerden gegeben, dass Kredite im Ausland nicht mehr bedient werden könnten. Schweinsburg erklärte: "Genau das ist nicht gewollt." Andere Asylbewerber seien hingegen froh, dass sie nicht mehr das ganze Bargeld für einen Monat mit sich herumtragen müssten.
Dagmar Pöhland kümmert sich in Greiz um Flüchtlinge
"Dass jemand davon nicht unbedingt begeistert ist, ist klar", sagte Dagmar Pöhland vom Verband für Behinderte Greiz, der auch Flüchtlinge berät und betreut, zu den Einschränkungen der Karte. Generell sei sie aber akzeptiert worden. Die Menschen seien auch angesichts der gedrehten gesellschaftlichen Stimmung gegen Flüchtlinge froh, dass sie überhaupt eine Leistung erhielten. "Eine Aufnahmegesellschaft sind wir schon lange nicht mehr", sagte sie.
"Die Bezahlkarte wird schon ein bisschen die Spreu vom Weizen trennen", sagte Pöhland weiter.
Gegenüber "Bild" nannte Pöhland die Zahl von 15 abgereisten Flüchtlingen. Deren Begründung sei gewesen: "Wir wollen keine Karte, wir wollen Bargeld", sagte Pöhland. Laut Informationen der Zeitung soll die Zahl mittlerweile auf ein Vielfaches gestiegen sein.
Deutliche Kritik an der aktuellen Regelung in den Kreisen kommt vom Thüringer Flüchtlingsrat. Sowohl in Greiz als auch Eichsfeld gebe es erhebliche Einschränkungen für die Betroffenen. So könne zwar in Supermärkten bezahlt werden, beim Friseur, in kleineren Geschäften oder beim Erwerb eines Deutschlandtickets gebe es aber Probleme.
"Mit den geringen Leistungssätzen müssen Betroffene jetzt mühselig jonglieren, wo sie die Karte einsetzen können und wie sie Zahlungsaufforderungen gerecht werden können, wenn der Barbetrag aufgebraucht ist", sagt Ellen Könneker vom Flüchtlingsrat.