Finanzierung der Weißhelme in Syrien -

Deutschland fordert Geld zurück

Stand: 30.07.2020

Mitglieder des syrischen Zivilschutzes (Weißhelme) suchen nach Verletzen oder Opfern nach einem Luftangriff
Quelle: dpa/Anas Alkharboutli
Deutschland unterstützt die Weißhelme in Syrien mit fast 20 Millionen Euro. Jetzt fordert das Auswärtige Amt einen Teilbetrag von einer Stiftung in den Niederlanden zurück. Gegen die Organisation stehen schwere Vorwürfe im Raum.

In den Niederlanden steht eine Stiftung schwer in der Kritik, die unter anderem für europäische Regierungen Hilfen in Millionenhöhe an die syrischen Weißhelme geleitet hat. Das Auswärtige Amt forderte nach eigenen Angaben Zinsen in Höhe von 49.596,92 Euro von der niederländischen NGO "Stichting Mayday Rescue" zurück.

Der Betrag werde aufgrund von "nicht alsbaldiger Mittelverwendung" gefordert, teilte das Auswärtige Amt auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Zuletzt berichtete die Zeitung "de Volkskrant" über finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der niederländischen Stiftung.

Demnach habe der damalige Leiter der Stiftung und Mitgründer der Weißhelme, James Le Mesurier, die Geberländer bereits im November 2019 in einer E-Mail über Unregelmäßigkeiten informiert. Damals ging es um 50.000 US-Dollar, die verschwunden waren. Le Mesurier sprach dem Medienbericht zufolge in der E-Mail von "Betrug", der allerdings nicht vorsätzlich geschehen sei.

Wenige Tage nach der E-Mail wurde Le Mesurier in Istanbul tot aufgefunden. Nach Erkenntnissen der türkischen Staatsanwaltschaft war er aus großer Höhe gestürzt. Die Ermittlungen wurden später eingestellt, da keine Hinweise auf Fremdeinwirkungen festgestellt werden konnten.

Deutschland unterstützte mit 19,62 Millionen Euro

Die Weißhelme sind für ihren Einsatz im syrischen Bürgerkrieg bekannt, weil sie nach Bombenangriffen oft unter den ersten Helfern vor Ort sind. In den vergangenen acht Jahren retteten sie nach US-Angaben mehr als 115.000 Menschen. 2016 wurde die Organisation mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Videoaufnahmen der Organisation dokumentierten immer wieder Angriffe und Bombardierungen des syrischen und russischen Militärs in Wohngebieten. Die Regierungen von Syrien und dem Verbündeten Russland werfen den Weißhelmen Nähe zu Islamisten vor.

Die niederländische NGO hatte die Finanzierung der Weißhelme in Syrien für zahlreiche Geberländer organisiert, darunter auch Deutschland, Großbritannien, Katar und weitere EU-Länder. Das Auswärtige Amt unterstützte die Arbeit der Weißhelme über Mayday Rescue in den Jahren 2016 bis 2019 nach eigenen Angaben mit 19,62 Millionen Euro.

Das Auswärtige Amt sieht nach einer externen Finanzprüfung keinen Hinweis auf Zweckentfremdung von Mitteln und geht davon aus, dass die Gelder der Förderung der Weißhelme zugute gekommen seien. Ein Finanzbericht des Prüfunternehmens Grant Thornton kam Ende Mai dieses Jahres zu dem Schluss, dass es "keinen Beweis für die Unterschlagung von Mitteln" gebe.

"Signifikante Lücken" in der Organisation

Allerdings gebe es "signifikante Lücken" in der Organisation und der internen Kontrolle von Mayday, hieß es in Auszügen des Berichts, die Mayday Rescue selbst im Internet veröffentlichte. Grundlegende finanzielle Prozeduren seien nicht eingehalten worden. Bargeschäfte seien nicht vollständig in den Büchern und Konten aufgeführt.

Auch in einem Gerichtsverfahren, das die niederländische NGO gegen einen früheren Direktor führte, ist von finanziellen Unregelmäßigkeiten die Rede. Es sei unbestritten erklärt worden, dass "2018 27 Prozent des gespendeten Geldes und 2019 sogar 33 oder 34 Prozent der Gelder nicht für die angewiesenen Ziele zur Verfügung gestellt wurden, sondern für Kosten ausgegeben wurden", hieß es in der Anfang Juli veröffentlichten Urteilsbegründung. Zudem wird aus internem E-Mail-Verkehr zitiert, in dem es um hohe Gehälter, Partys und finanzielle Zulagen für die Direktoren ging.

Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, dass derzeit die Prüfungen für die Projektphasen der Jahre 2018 und 2019 liefen. Aktuell gebe es keine finanzielle Förderung des Auswärtigen Amts für die Weißhelme über Mayday Rescue. Zudem wies das Auswärtige Amt darauf hin, dass sich die Vorwürfe nur auf die niederländische NGO bezögen. Die Arbeit der Weißhelme und deren wichtiges Engagement für die syrische Zivilbevölkerung seien davon ausdrücklich zu trennen.

Die Arbeit der Weißhelme ginge unvermindert weiter, teilte der Vorsitzende der Organisation, Raed Salah, der Deutschen Presse-Agentur mit. Auch wenn Mayday Rescue einer der Hauptgeber gewesen sei, gebe es derzeit keine finanziellen Probleme.


Quelle: welt.de vom 30.07.2020