Von: KOLJA GÄRTNER
21.09.2023 - 08:39 Uhr
Seit Jahren beschäftigt ein aus Rumänien stammender Clan die Ermittlungsgruppe "Avalon" von Steuerfahndung und Generalstaatsanwaltschaft. Jetzt gelang den Beamten und einem Spezialeinsatzkommando ein weiterer Schlag gegen die Abzocker.
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Unmittelbarer Auslöser des Zugriffs war ein auch für Unbeteiligte lebensgefährlicher Vorfall am 2. Mai. Ein Clan-Mitglied (22) hatte mittags im Streit mit einem Verwandten in Mühlheim bei Offenbach dessen Auto mit seinem 2,2 Tonnen schweren Ford Raptor-Pickup mehrmals gerammt, den Angehörigen verletzt. Dann gab er Gas, raste Richtung Offenbach.
Oberstaatsanwalt Georg Ungefuk: "Hierbei soll er verkehrswidrig mehrere Fahrzeuge rechts, teilweise auf dem Grünstreifen, überholt und Rotlichtzeichen sowie Geschwindigkeitsbegrenzungen missachtet haben. Während der Fahrt soll der Beschuldigte mehrere Verkehrsteilnehmer zum Ausweichen gebracht haben, sodass diese nur dadurch Kollisionen vermeiden konnten." Für die 9,6 Kilometer durch die Stadt brauchte er nur sechs statt der üblichen 20 Minuten. Dann tauchte der Mann ohne feste Meldeadresse ab.
Im Laufe dieser Woche konnten die Fahnder den Mann aber in Mühlheim lokalisieren. Im Morgengrauen weckte ihn das SEK. Und nahm gleich noch ein Ehepaar (43/46) fest.
Der Haftbefehl gegen den 46-jährigen "Friedensrichter" des Clans und seine Frau lautet auf gewerbs- und bandenmäßigen Betrug. Es soll seiner Krankenkasse vorgetäuscht haben, pflegebedürftig zu sein, tausende Euro kassiert haben. Die 43-Jährige füllte die Anträge dazu aus, bestätigte die falschen Angaben.
Außerdem wirft die Generalstaatsanwaltschaft dem "Friedensrichter" vor, mit fünf weiteren Familienmitgliedern (22-70) beim Handel mit hochwertigen Gebrauchtwagen 360.000 Euro Umsatzsteuer hinterzogen zu haben. Insgesamt führt die Generalstaatsanwaltschaft in dem Komplex "Ermittlungs- und Strafverfahren gegenüber 50 Angehörige mehrerer miteinander verbundenen Großfamilien wegen des Verdachts von Betrugsdelikten und Steuerhinterziehungen im Zusammenhang mit Fahrzeughandel, Urkundenfälschungen, Sozialleistungsbetrug und Geldwäsche." Zehn Personen wurden bereits zu bis zu fünf Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.
Bei bisher über 30 Durchsuchungen wurden Bargeld, Uhren und Schmuck für 360.000 Euro, 55 Autos, fünf Immobilien und mehrere Konten beschlagnahmt. Dabei stießen die Ermittler auch auf klare Zeichen, was die Clan-Mitglieder vom Staat, den sie skrupellos plündern, halten: Bei einem Mann lag die Deutschlandfahne als Fußabtreter an der Kellertreppe.