"Eine bodenlose Frechheit"picture alliance / Kay Nietfeld / Sachsen-Anhalt, Magdeburg: Bundeswehrsoldaten der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) trainieren den Häuserkampf und eine Geiselbefreiung. Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer will das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr nach einer Serie rechtsextremer Vorfälle grundlegend umstrukturieren.
Der ehemalige KSK-Kämpfer Mario Pröhl wirft Annegret Kramp-Karrenbauer die Kriminalisierung der gesamten Einheit vor.
Mario Pröhl, 48, jagte Kriegsverbrecher auf dem Balkan und bekämpfte Taliban in Afghanistan. Dafür erhielt er das Ehrenkreuz der Bundeswehr und diverse US-Auszeichnungen.
FOCUS: Nach rechtsradikalen Vorfällen im Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr hat Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer die Einheit aufgefordert, sich bis Ende Oktober zu bewähren. Was heißt das für die mehr als 1000 Angehörigen des KSK, die bislang ohne Beanstandung gedient haben?
Mario Pröhl: Bewährung gibt's nach meinem Rechtsverständnis nur für das Fehlverhalten einer Einzelperson. Die von der Ministerin verlangte Bewährung ist eine Kriminalisierung aller KSK-Leute, die nichts verbrochen haben.
FOCUS: Wie ist die Stimmung beim KSK nach diesem Ultimatum?
Mario Pröhl
Pröhl: Alle sprechen von einer bodenlosen Frechheit der Ministerin - und ihrer Berater natürlich. Die Moral der Truppe wird geschwächt, überall spürt man Verunsicherung.
Ex-KSK-Soldat über Strafen: "Da hätte mehr kommen müssen"
FOCUS: Die skandalumwitterte 2. Kompanie wurde bereits aufgelöst.
Pröhl: Ein Fehler! Richtiger wäre es aus meiner Sicht gewesen, gegen Straftaten und Dienstvergehen mit aller Kraft vorzugehen, aber offenbar fehlten und fehlen entsprechende Beweise. Nur in ein paar Fällen wurden Disziplinarstrafen verhängt. Da hätte mehr kommen müssen. Offenbar ist da geschlampt worden, auch beim Militärischen Abschirmdienst, aber das dürfen doch jetzt nicht die einfachen Soldaten ausbaden.
FOCUS: Sie waren 17 Jahre Kommando-Soldat mit weltweiten Einsätzen, vom Balkan bis nach Afghanistan. Was würde die Auflösung des KSK bedeuten?
Pröhl: Das wäre fatal, für die Bundeswehr und für Deutschland.
FOCUS: Warum?
Pröhl: Das KSK ist hochspezialisiert, kooperiert hervorragend mit internationalem Streitkräften, ist weltweit anerkannt - und hat im Ausland schon mehrfach Gefahren für unser Land abgewehrt. Eine Auflösung des KSK wäre das absolut falsche Signal an potenzielle Gegner.
picture alliance / dpa Das Abzeichen des Kommandos Spezialkräfte (KSK) an einem Barett.
FOCUS: Auch im politischen Berlin gibt es etliche Befürworter einer KSK-Auflösung.
Pröhl: So, so. Eine Auflösung des KSK wäre für mich das Schwächeeingeständnis unserer politischen und militärischen Führung.
"In anderen Ländern erfährt man Anerkennung für den lebensgefährlichen Dienst"
FOCUS: Das müssen Sie erklären.
Pröhl: Jede Spezialeinheit dieser Welt hat Höhen und Tiefen erlebt, in Großbritannien, Frankreich oder in den USA. Aber dass die Bevölkerung und die Medien durch bestimmte Politiker und leider auch durch die Bundeswehrführung gegen das KSK dermaßen aufgewiegelt werden, das ist wohl einzigartig. In anderen demokratischen Ländern erfährt man Anerkennung und Respekt für den oft lebensgefährlichen Dienst - aber in Deutschland wirst du kurzum als Rechtsextremer abgestempelt.
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FOCUS: Wie geht ein Soldat mit solchen Vorwürfen um?
Pröhl: Die Politiker und die militärisch Verantwortlichen sollten sich dafür in Grund und Boden schämen. Sie sind charakterlos und haben offenbar eine panische Angst vor deutlicher Positionierung.
FOCUS: Brigadegeneral Markus Kreitmayr kommandiert seit Juni 2018 das KSK. Wie hat er die Krise gemeistert?
Pröhl: Die Krise ist zu einer Krise geworden, weil mit teils unbestätigten und falschen Darstellungen Stimmung gemacht wurde. Bei Prüffällen hätte man besser das Ergebnis abgewartet und es dann gegebenenfalls als bestätigt bekannt gegeben. Mit seinem Brandbrief vor Wochen an alle KSK-Angehörigen, der gezielt an bestimmte Medien durchgestochen wurde, hat es Kreitmayr leider geschafft, die öffentliche Debatte weiter anzuheizen.
FOCUS: Wie finden Sie sein Verhalten?
Pröhl: Seine Soldaten hat er damit auf keinen Fall geschützt. Das ist ein fatales Verhalten für einen General. Er kann nicht durch die aktuelle Krise führen. Er sollte abgelöst werden.