Artikel von Natascha Wittmann
05.10.2023
© ZDF / Markus Hertrich
Es ist ein Thema, das mittlerweile in ganz Europa die Gemüter erhitzt und Gesellschaften überfordert. Am Dienstagabend wollte Markus Lanz deshalb in seiner Sendung wissen: "Was ist eigentlich der Plan der Bundesregierung in der Migrationsfrage?" Während sich der ZDF-Moderator mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ein hitziges Wortgefecht lieferte, warnte Polizeigewerkschafter Lars Wendland mehrmals vor der bereits erreichten Belastungsgrenze der Bundespolizei.
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FDP-Politiker Marco Buschmann stellte zunächst klar, dass Flüchtlinge "nicht unkontrolliert auf den Kontinent kommen" könnten und es daher "mehr und intensivere Außengrenzkontrollen" geben müsse. "Was heißt das?", wollte Markus Lanz wissen. Buschmann antwortete nüchtern: "Schiffe. Wenn Sie auf dem Mittelmeer patrouillieren wollen, brauchen Sie Schiffe." Gleichzeitig erklärte er, dass es nicht "die eine Zauberlösung" gebe und "sogenannte Rückführungsabkommen" geschlossen werden müssten, um den Flüchtlingsansturm zu regulieren. "Wir müssen Menschen, die kein Recht haben, in Deutschland zu sein, schneller auch in die Länder zurückbringen können, die für sie verantwortlich sind", so Marco Buschmann mit ernster Miene. Lanz konterte daraufhin: "Das funktioniert so im Moment alles nicht. Die Debatte ist wahnsinnig vergiftet."
Autor Sascha Lobo stimmte zu und ergänzte, dass "das Thema Migration" mittlerweile zu einer extremen "Vertrauenskrise" in der Bevölkerung beigetragen habe. Schuld daran habe vor allem die fehlende Kommunikation der Regierung, die zu einer "Verzweiflung" in der Bevölkerung führe. Lobo weiter: "Da ist ein ganz, ganz großes Problem, (...) wenn man 'A' sieht und die Leute tun so, als müsste man 'B' sehen. Dann geht Vertrauen verloren!" Lanz fügte daraufhin energisch hinzu: "Sollten wir nicht schlicht und ergreifend beschreiben, was ist? Und wenn dann der Shitstorm kommt, dann halten wir das halt mal aus. Wo ist eigentlich das Problem? Warum muss man aus Angst vor der nächsten Kritik einfach Dinge so lange beschweigen, bis es nicht mehr geht?"
FDP-Mann Marco Buschmann reagierte im Laufe der Sendung immer wieder defensiv auf die Kritikpunkte und verdeutlichte, dass die Ampel "jetzt eine sehr konsequente Migrationspolitik machen" und sich dafür einsetzen wolle, "möglichst viele Asylverfahren schon an den Außengrenzen" durchzuführen. "Wir haben zu viele Menschen, um die wir uns kümmern müssen. Und deshalb müssen wir die Zahl dieser Menschen reduzieren, weil sonst die Kommunen zusammenbrechen."
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Markus Lanz stellte in dem Zusammenhang fassungslos fest: "Das System ist kaputt." Auch Marco Buschmann musste kleinlaut zugeben: "Das System schafft es nicht, die Menge zu verarbeiten. (...) Und deshalb müssen wir, das Quantitätsproblem lösen." Landrätin Rita Röhrl (SPD) aus dem niederbayerischen Landkreis Regen teilte dagegen eine andere Sorge. Sie erklärte: "Wir haben ein hohes Gut zu schützen. Das ist für mich das Recht auf Asyl. Und wenn ich das wirklich schützen möchte, dann muss ich auch für allgemeine Akzeptanz sorgen." Dafür müsse laut der SPD-Politikerin vor allem ein Missbrauch des Asylrechts verhindert werden. Röhrl forderte deshalb: "Ich würde (...) die Bargeldzahlungen komplett einstellen." Die Landrätin ergänzte energisch: "Der bekommt Unterkunft, der bekommt Verpflegung und das war es. So lange, bis er seiner Mitwirkungspflicht genügt. Wir können uns doch nicht auf der Nase herumtanzen lassen von Menschen, die unser Recht auf Asyl ausnutzen."
Röhrl plädierte zudem für eine Arbeitspflicht für Asylbewerber: "Wir sind doch ein Sozialstaat, der jedem Hilfe gewährt, der Hilfe braucht. Sollten wir zumindest sein. Aber jemand, der nur die Hand aufhält, aber die andere nicht zum Arbeiten nutzt, Entschuldigung, das kann nicht unser Ziel sein." Buschmann, der ebenfalls auf das Sachleistungsprinzip pocht und auf "geschlossene Finanzierungskreise" hinwies, "wo der deutsche Steuerzahler die Schlepper bezahlt", wandte jedoch ein: "Viele dieser Menschen haben ein Bildungsniveau, das ist Grundschulniveau und so weiter. Die kann man nicht von heute auf morgen auf einen regulären deutschen Arbeitsplatz setzen."
Während die Landrätin weitere Erfahrungen aus ihrem Landkreis teilte, zeichnete Polizeigewerkschafter Lars Wendland ein Bild von den Außengrenzen und warnte davor, der Bevölkerung zu suggerieren, dass die Polizei an der Grenze Menschen zurückweisen könne. Das sei "nicht richtig". Vielmehr seien der Polizei die Hände gebunden, denn: "90, 95 Prozent sagen 'Asyl' und dementsprechend muss ich sie aufnehmen. Ich kann nicht am Schlagbaum sagen: So, du bleibst jetzt draußen."
Der Polizeigewerkschafter, der seine Kollegen am und über dem "Limit" sieht, plädierte deshalb nicht für "stationäre, statische Grenzkontrollen", sondern für "flexible Kontrollen" und "Schleierfahndungen". Als Lanz ergänzend erklärte, dass die Polizei trotz des hohen Arbeitspensums von einigen Politikern als "uniformiertes Begrüßungskomitee" oder "Edeltaxi zum Asylzentrum" bezeichnet werde, platzte Wendland der Kragen: "Mich macht das wahnsinnig wütend, wenn so über die Polizei gesprochen wird."