30.11.2024 07:43
Von: Patrick Hannemann
Die Europäische Union hat eine Mehrwertsteuerrichtlinie beschlossen, die eigentlich schon ab 2023 gelten sollte, doch der Stichtag wurde auf Anfang 2025 verschoben. Diese soll in erster Linie private Unternehmer vor einem verzerrten Wettbewerb schützen - die Mitgliedsstaaten müssen die Vorgaben eigenständig umsetzen.
In Deutschland wird das über die Umsatzsteuer geregelt. Das Gesetz wurde auch schon lange umgearbeitet, doch es tritt erst nach der verlängerten Übergangsfrist in Kraft.
Bild: Zacharie Scheurer/dpa-tmn
Bei der neuen EU-Regelung geht es darum, inwiefern öffentliche Einrichtungen Leistungen erbringen sollten, die auch private Unternehmer erledigen könnten. Backen Eltern und Schüler Kuchen für Auftritte oder Feste, entgehen dem Bäcker theoretisch Einnahmen. Diese Benachteiligung soll verhindert werden. Ein weiteres Beispiel wäre, wenn im Rathaus dieselben Bücher günstiger verkauft werden als im Buchladen ums Eck.
Allerdings sagte der Vertreter der Europäischen Kommission in Deutschland, Jörg Wojahn, schon 2022 zu diesem Thema: "Wenn eine Schülergruppe dreimal Kuchen verkauft, um ihre Schulparty zu finanzieren, ist das natürlich gar kein Problem. Wenn der geschäftstüchtige Schülersprecher sich aber jeden Morgen auf den Schulhof stellt und den Kuchen billiger anbietet als die Bäckerin nebenan, ist dies eine Wettbewerbsverzerrung."
Bild: Erstellt mit Midjourney / Patrick Hannemann
Folgende Möglichkeiten gibt es, um die Steuerpflicht für den Kuchenverkauf zu umgehen:
Eckehard Wehling engagiert sich im Landesverband für Kita- und Schulfördervereine in Sachsen-Anhalt. Er sagte gegenüber dem MDR: "Die Gründung eines solchen Vereins ist nicht besonders schwierig. Man braucht einen Vorstand, einen Stellvertreter und einen Kassenprüfer."
Dennoch entsteht dadurch ein höherer bürokratischer Aufwand, als eigentlich nötig wäre. Darum stößt die "Kuchensteuer" weiterhin auf Kritik bei Eltern und Schulen. Aber es gibt auch eine weitere Option:
Inwieweit die Umsetzung in der Praxis dann wirklich so kompliziert ist, hängt auch davon ab, wie die Kommunen die Regelung umsetzen. Schlussendlich ist es auch in deren Interesse, den Aufwand möglichst gering zu halten - und dann wäre der große Aufschrei nur halb so wild.
Es ist für viele Familien unverständlich, dass durch die EU-Regelung selbst Kuchenbasare mit dieser bürokratischen Aufwand belastet werden. Schließlich dienen diese Einnahmen häufig dem guten Zweck, Klassenfahrten oder andere Dinge für die Kinder zu finanzieren. So nimmt eine in der Theorie gut gemeinte Idee der Politik in der Praxis absurde Züge an.
Die Frage ist auch, wo das eigentliche "Hoheitsgebiet" von Kommunen aufhört. Hilft etwa eine Gemeinde der Anderen beim Räumen von Schnee, könnte das gemäß der Richtlinie genauso auch ein Bauer mit dem Traktor erledigen und dafür Geld bekommen. Wichtige Aufgaben werden unnötig kompliziert im Streit um Zuständigkeiten.
Es bleibt aber abzuwarten, wie die Praxis ausgestaltet wird. Wahrscheinlich wird sich bis auf wenige Ausnahmen nicht so viel ändern.
Quelle: chip.de