Donna Leon über Wandel in der Literaturbranche "Das nennt man Zensur" Sind heutige Leserinnen und Leser zu empfindlich? Bestsellerautorin Donna Leon hat dazu eine klare Meinung - und zieht einen schwerwiegenden Vergleich.

19.05.2023, 03.51 Uhr

Donna Leon in Spanien im Jahr 2019
Foto: Javier Lizon / EPA-EFE / REX

Bestsellerautorin Donna Leon sieht eine neue Zeit der Zensur gekommen: "Wir leben jetzt in einer Welt, in der man nichts schreiben darf, was Leser kränkt, überrascht, verletzt, verstört oder in irgendeiner anderen Weise Empfindlichkeiten berührt", sagte die 80-Jährige der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Das gefällt mir ganz und gar nicht. Das nennt man Zensur."

Die Praxis, Klassiker wie Pippi Langstrumpf um rassistische Begriffe zu bereinigen, verglich Leon mit der Geschichtsklitterung des Kommunismus. Ihrer Meinung nach würde dadurch die Vergangenheit "im Namen von Werten und Moral" redigiert werden. "Genauso, wie es die Kommunisten in Russland gemacht haben", sagte sie der Zeitung. "Wer eben noch am Tag des Sieges mitmarschierte, wurde im nächsten Jahr schon wieder aus dem Foto retuschiert."

Leon plädierte dafür, die Sprache der Vergangenheit als Teil unserer Geschichte anzuerkennen. Sie könne verstehen, warum Menschen Bücher überarbeiten wollen: "Wir alle würden gern die Grausamkeiten vergessen, die zu uns gesagt wurden. Aber es ist eben geschehen."

Gegen ihre eigenen Bücher sei noch nie ein Proteststurm entbrannt, sagte die Schriftstellerin - mit einer Ausnahme: Nachdem sie in einem ihrer Krimis einen Hund habe sterben lassen, hätten Leserinnen und Leser Protestbriefe geschrieben: "Wahrscheinlich habe ich in meinen Krimis an die 50 Menschen sterben lassen. Das stört keinen. Aber bei einem Golden Retriever hört der Spaß auf."


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