VON REINHARD BINGENER, HANNOVER
-AKTUALISIERT AM 22.11.2019
Das nennt man einen Katapultstart: Gut zwei Jahre nach ihrem Einstieg in die Politik hat Silvia Breher eines der höchsten Parteiämter errungen. Am Freitag wählte der Bundesparteitag der CDU die 46 Jahre alte Mutter dreier Kinder mit 82 Prozent der Stimmen zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden. Die bislang weithin unbekannte Bundestagsabgeordnete steht damit in einer Reihe mit den Parteigranden Armin Laschet, Volker Bouffier, Julia Klöckner und Thomas Strobl. Wie kam es dazu?
Ausgangspunkt der erstaunlichen Karriere Silvia Brehers ist der Rückzug des Agrarmultifunktionärs Franz-Josef Holzenkamp im Jahr 2017 gewesen. Die CDU musste sich daher für den tiefschwarzen Wahlkreis Cloppenburg-Vechta einen neuen Direktkandidaten suchen. Bewerber gab es mehrere, doch Breher vereinte zwei entscheidende, lediglich auf den ersten Blick gegensätzliche Merkmale: Sie hat einen jugendlichen und erfrischenden Auftritt. Zugleich steht die Juristin für die Interessen der in der Region extrem bedeutsamen Landwirtschaft ein, die sie als Bauerntochter und als langjährige Geschäftsführerin des Landvolks in Vechta auch genau kennt.
Ihren neuen Wahlkreis gewann Breher souverän mit dem bundesweit besten Erststimmen-Ergebnis von 57,7 Prozent. Auch in den katholischen Wahlkreisen im Westen Niedersachsens sind solche Zahlen keine Selbstverständlichkeit mehr. Seit ihrem Einzug in den Bundestag führt Breher nicht nur mit Akribie ihr Instagram-Profil, sondern hat nach und nach weitere Positionen in der Partei übernommen: den Stadtverband Löningen, den Kreisverband Cloppenburg und seit Mai dieses Jahres auch den Landesverband Oldenburg.
Der Sprung in die Spitze der CDU-Bundespartei am Freitag kam dennoch sehr früh. Breher profitierte dabei von einer aus ihrer Sicht sehr günstigen Konstellation. Durch die Wahl von Ursula von der Leyen zur Präsidentin der EU-Kommission wurde ein Stellvertreter-Posten frei. Aus Gründen des parteiinternen Proporzes stand dieses Amt abermals der niedersächsischen CDU zu. Der dortige Parteivorsitzende Bernd Althusmann kam jedoch - obwohl er vermutlich gerne gewollt hätte - nicht zum Zug, denn das Amt sollte auch wieder an eine Frau vergeben werden.
Mehrere Kandidatinnen standen dem Vernehmen nach zur Auswahl: Breher, Landesjustizministerin Barbara Havliza, die ebenfalls recht neu in der Politik ist, sowie die Bundestagsabgeordneten Maria Flachsbarth und Gitta Connemann. Nominiert wurde Silvia Breher. Ihr neues Amt gibt ihr Chancen für einen weiteren Aufstieg, falls es ihr gelingt, sich politisch breiter aufzustellen und ihr Profil zu schärfen.