Mittwoch, 15.01.2020,
Der Ökonom Bert Rürup zeichnet ein düsteres Bild für die nächsten Jahre: Die Wachstumsraten des "zweiten deutschen Wirtschaftswunders" werde es bald nicht mehr geben. Der Aufschwung der letzten 15 Jahre geht laut dem ehemaligen Wirtschaftsweisen definitiv zu Ende.
Vom "kranken Mann" zum "Wachstumsmotor" Europas, das verdankt die Bundesrepublik zu einem Großteil der Agenda 2010, findet Bert Rürup. Im "Handelsblatt" lobt der ehemalige "Wirtschaftsweise" die Maßnahmen von Ex-Kanzler Gerhard Schröder, dank derer nicht nur die Zahl der Arbeitslosen massiv von über fünf auf 2,2 Millionen sank, sondern auch viele Mittelständler zu "global erfolgreichen Hidden Champions" wurden.
Nun aber steht Deutschland nach Meinung Rürups am Ende dieser 15 Jahre währenden Aufschwungphase, die "künftige Wirtschaftshistoriker vermutlich als ,zweites deutsches Wirtschaftswunder' bezeichnen werden". Die "goldenen Jahre" gingen zu Ende. Die letzten Jahre der vergangenen Dekade markierten der Beginn der De-Globalisierung, schreibt Rürup, und warnt dabei vor den Folgen für die "erfolgsverwöhnte exportorientierte deutsche Industrie".
Das Ende der Globalisierung zeige sich etwa daran, dass die USA mehr und mehr internationale Konzerne dazu zwingen würden, wichtige Teile ihrer Wertschöpfung in den Staaten selbst anzusiedeln, "sei es durch Importzölle oder durch oft wenig sanften anderen Druck". Diesem "Sog" könnten sich laut Rürup auch deutsche Unternehmen nicht entziehen. Als Beispiel nennt der Ökonom die deutsche Autoindustrie.
Ein weiteres Problem sei die Aufholjagd Chinas. Rürup zufolge habe sich die Qualität chinesischer Produkte massiv verbessert. Dank günstigerer Preise als bei deutschen Premiumwaren erobern die Unternehmen Marktanteile - nicht nur in Schwellenländern. Hinzu komme das massive Projekt "Neue Seidenstraße", mit der sich China Produktionsstandorte und Absatzmärkte sichere.
Der Verlierer dabei ist Deutschland: "Der einstige Ausrüster der Welt, der deutsche Maschinen- und Anlagenbau, hat immer öfter das Nachsehen", konstatiert Rürup. Doch genau hier liege die große Stärke der Bundesrepublik. "Kein anderes Land hat einen höheren Wertschöpfungsanteil der hochtechnologischen und wissensbasierten Produkte", zitiert Rürup eine Einschätzung des DIW aus dem Jahre 2009.
Wenngleich Deutschland im vergangenen Jahr an einer Rezession vorbeischrammte und die derzeitige Schwächephase "sicher überwinden" wird, warnt Rürup vor den strukturellen Problemen unserer Vorzeigebranchen. Denn: "Weder ist ausgemacht, dass Deutschland der Industrieausrüster der Welt bleibt, noch dass PS-starke Autos mit Verbrennungsmotoren die Mobilitätsbedürfnisse der Zukunft befriedigen werden."
Eine zusätzliche Belastung sieht Rürup in der "demografischen Pause", die nun mit der Verrentung der Babyboomer-Jahrgänge endet: "Bald gehen die Babyboomer-Jahrgänge in Rente, und ein massiver Alterungsschub setzt ein. Dieser wird nicht nur für die Sozialsysteme, sondern für die gesamte Wirtschaft zur Belastungsprobe. Deutschland ergraut, und Wachstumsraten wie in der vergangenen Dekade wird es bald nicht mehr geben."
"Der Rest Europas ist sowieso bereits völlig bedeutungslos in der Weltwirtschaft, aber auch Deutschland rutscht unumkehrbar auf die Zuschauer-Bank: In allen IT-Schlüsseltechniken sind wir (bis auf SAP und den Fintech-Hoffnungsträger Wirecard) überhaupt nicht mehr vertreten: Firmen mit Schlüsseltechnologien wie Amazon, Apple, Microsoft etc. sind komplett amerikanisch und auch immer öfter chinesisch (Alibaba, Tencent, Baidu,..., oder Samsung in Korea). In Europa oder Deutschland ist NICHTS dergleichen. Und die restlichen Perlen wie die Autoindustrie machen wir selbst kaputt ! (Greta, Grüne & Co.)."
"Gerade die demographische Pause wäre leicht zu überwinden. Es gibt Millionen Menschen auf der Flucht, wie könnten ihnen helfen und sie uns. Und kulturelle Vielfalt hilft, Länder weiter zu entwickeln und schafft Jobs und Nachfrage!" Surftipp: Studie ergibt Schreckensszenario für 2030 - 330.000 Jobs zusätzlich weg: Kahlschlag durch E-Mobilität viel schlimmer als gedacht