Clan-Experten schlagen Alarm
"Die Entwicklung wird uns überrennen"

Von: Frank Schneider

23.06.2023 - 17:50 Uhr

Castrop-Rauxel (NRW) - Der Clan-Krieg im Ruhrgebiet begann mit einem harmlosen Streit unter Kindern. Danach musste die Polizei zu Clan-Krawallen in Castrop-Rauxel, Essen und Bottrop ausrücken. Am Ende trafen sich die syrischen und libanesischen Kurden-Familien zu einem "Friedensgipfel" - und regelten die Auseinandersetzung ohne die deutsche Justiz!

Essens damaliger Polizeipräsident Frank Richter (64, re.) und Oberbürgermeister Thomas Kufen (49, CDU, li.) 2018 bei einer Clan-Razzia mit NRW-Innenminister Herbert Reul (70, CDU)
Foto: marc vollmannshauser

Wie können die Clans gestoppt werden?

Frank Richter (64) war sieben Jahre lang Polizeipräsident in der Clan-Hochburg Essen. Als rechte Hand von NRW-Innenminister Herbert Reul (70, CDU) kümmerte er sich um die Bekämpfung der kriminellen Großfamilien, hat tiefen Einblick in die brisanten Strukturen.

Der Mann im Patientenhemd gehört zur Familie, deren Kinder den Streit auslösten: Der Libanese aus Castrop-Rauxel erlitt unter anderem eine 20-Zentimeter-Platzwunde am Kopf
Foto: 7aktuell.de/ Gruber

In Essen musste die Polizei am vergangenen Wochenende zu einem Großeinsatz ausrücken, nachdem dort schwere Ausschreitungen ausgebrochen waren
Foto: Markus Gayk/dpa

Richter zu BILD: "Wir müssen an den Hotspots der Clankriminalität mehr Polizisten haben, die sichtbar sind und die Strukturen dauerhaft aufklären. Die Entwicklung, die wir am vergangenen Wochenende gesehen haben, wird uns überrennen. Das ist aber keine neue Erkenntnis, das sagen Clan-Experten seit Jahren."

Schon während seiner Amtszeit sagte Richter: "Die Gewaltspirale wird sich immer weiter drehen. Ich befürchte, wir bekommen Verhältnisse wie in Schweden. Dort werden Maschinenpistolen, Sturmgewehre und Handgranaten eingesetzt - mit vielen Toten!"

Der Experte weiter: "Wir sehen, dass sich die Situation verschärft, seit der Flüchtlingskrise viele Syrer nach Essen kommen. Diese Männer sind zum Teil noch brutaler als die Libanesen. Es wurde wegen eines Familienstreits schon ein Mann skalpiert."

Viele Syrer hätten vor ihrer Ankunft in Deutschland Kampferfahrung gesammelt. Richter: "Sie kommen aus dem Bürgerkrieg, haben bereits gekämpft, manche sogar getötet. Anfangs haben die Libanesen sie als Laufburschen eingesetzt, schnell wollten sie aber auch mehr vom Kuchen. Seitdem ist uns klar: Irgendwann eskaliert es zwischen den Nationalitäten."

Vor zwei Jahren war Richter persönlich sehr betroffen, als zwei Beamte vor einer Shisha-Bar brutal angegriffen wurden, einer jungen Polizistin dabei mit voller Wucht in den Unterleib getreten wurde.

Frank Richter war sieben Jahre Polizei-Chef in der Clan-Hochburg Essen
Foto: Christoph Reichwein

Der damalige Polizei-Chef erinnert sich: "Sie saß nach dem Krankenhaus-Aufenthalt später geschockt bei mir, aber kämpferisch. Sie sagte mit stockender Stimme: ,Ich dachte danach, ich kann nie wieder Kinder bekommen. Aber ich mache weiter, wir lassen uns von denen doch nicht einschüchtern.' Das hat mich tief beeindruckt und mir klargemacht: Wir brauchen einen langen Atem."

Auch NRW-Innenminister Reul gibt sich gegenüber BILD weiter entschlossen: "Unsere Beamtinnen und Beamten werden die Szene aufmerksam im Blick behalten und auch künftig konsequent einschreiten."

Worum kämpfen die Clans?

Aus Kreisen der beteiligten Familien ist zu hören, dass die Kinder-Schlägerei in Castrop-Rauxel den Clan-Krieg auslöste. Manuel Ostermann (32) von der Deutschen Polizeigewerkschaft sieht da einen anderen Grund: "Es sind längst nicht mehr die schon bekannten Auseinandersetzungen zwischen zwei arabischen Großfamilien, sondern offenbar zwischen ganzen Sippen. Es geht offensichtlich um die Vorherrschaft auf der Straße, da werden auch billigend Tote in Kauf genommen."

Manuel Ostermann (32) von der Deutschen Polizeigewerkschaft
Foto: Stefan Schejok

Ostermann fordert rechtsstaatliche Konsequenz: "Die Sicherheitsbehörden, Ordnungsbehörden, Ausländerämter und Jugendämter müssen jetzt durchgreifen. Es wird Zeit für politische Klarheit im Denken und Handeln und vor allem für das Versprechen, dass die Straßen in NRW und Deutschland den friedliebenden Bürgern gehören und nicht Rechtsstaat-verachtenden Kriminellen. In Deutschland ist kein Platz für Gewalteskalation. Niemals!"

Sein Kollege Rainer Wendt setzt bei Straftätern aus den Clan-Familien auf konsequente Abschiebung. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft: "Wer keinen deutschen Pass hat, darf erst wieder in Freiheit kommen, wenn er den Boden seines Heimatlandes betritt. Und bereits vollzogene Einbürgerungen müssen bei schweren Delikten auch wieder rückgängig gemacht werden können, das ist die einzige Sprache, die diese Leute verstehen."


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