Von Gregor Grosse, Sanitz
30.05.2024, 18:09 Lesezeit: 3 Min.
Die Grundausbildung für deutsche Soldaten dauert neun Monate, die Ukrainer sollen den Umgang in mehreren Wochen lernen. Sie trainierten von Montag bis Samstag, täglich von 7 bis 18 Uhr, sagt Leder. "Sie sind hoch motiviert und wollen so schnell wie möglich zurück, um ihr Land zu verteidigen."
Der ukrainische Kompaniechef, dessen Name geheim bleiben muss, sagt: "Das Training läuft gut. Wir versuchen, viele Erfahrungen zu sammeln, um den Himmel über der Ukraine zu schützen." Die meisten der Soldaten haben bereits in der Ukraine gekämpft, vor allem in der Luftverteidigung. Sie sind zwischen 25 und 48 Jahre alt - und werden bald wieder in den Krieg ziehen. Die Ausbildung in Deutschland helfe ihnen dabei, ihr Ziel zu erreichen, sagt der Kompaniechef: den Sieg über den russischen Aggressor. Der Soldat setzt große Hoffnungen auf das im April angekündigte dritte Patriot-System aus Deutschland; zwei Systeme sind bereits in der Ukraine. "Noch besser wäre es aber natürlich, wenn wir das System gemeinsam mit den F-16 nutzen könnten."
Die ersten versprochenen F-16-Kampfflugzeuge werden diesen Sommer erwartet. Noch früher kann die Ukraine wohl mit dem nächsten deutschen Patriot-System rechnen. Aus gut informierten Kreisen heißt es, dass die Ukrainer, die derzeit ausgebildet werden, wohl künftig dieses System im Kriegseinsatz bedienen werden. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) verspricht am Mittwoch auf dem Truppenübungsplatz, dass die wichtige Flugabwehr "demnächst" in der Ukraine eintreffen werde. Es ist sein erster Besuch einer Ausbildung ukrainischer Soldaten an Patriots. "Das, was hier geleistet wird, ist außerordentlich beeindruckend", sagt Pistorius.
Der Minister lässt sich von Bundeswehrsoldaten das System erklären und dankt ihnen für ihren Einsatz. "Sie leisten hier ganz, ganz wichtige Arbeit." Zumal die Ausbilder sich alle freiwillig für diesen Job gemeldet hätten, einige bereits das zweite Mal. Insgesamt ist es das dritte Mal, dass Ukrainer in Deutschland an Patriots ausgebildet werden.
Es sei "richtig und notwendig", dass man der Ukraine ein weiteres Patriot-System liefere, sagt Pistorius, auch wenn das Lücken in die eigenen Bestände reiße. Auch deswegen kündigt der Minister an, dass er vier weitere Patriots für die Bundeswehr beschaffen will. Man arbeite derzeit an einer Beschaffungsvorlage.
Aus Berliner Sicherheitskreisen heißt es, dass die Systeme ab 2028 an Deutschland geliefert werden sollen. Damit strebt Berlin in Zukunft die Anschaffung von insgesamt acht Patriots an. Schon im März unterzeichnete das Beschaffungsamt der Bundeswehr mit dem Hersteller Raytheon einen Vertrag über vier neue Patriot-Systeme. Diese sollen ab 2026 nach und nach an Deutschland übergeben werden, sagt Pistorius. "Damit wir dann den Bedarf haben, den wir haben müssen."
150 Bundeswehrsoldaten sind an der Ausbildung der Ukrainer in Mecklenburg-Vorpommern beteiligt. Eine Herausforderung sei die Sprachbarriere, sagt Ausbildungsleiter Leder, insbesondere bei technischen Details. Ein Patriot-System ist komplex und besteht aus mehreren Komponenten: darunter Startgeräte, Radare und der Feuerleitstand. Grundsätzlich funktioniere der Austausch mit den Ukrainern aber relativ gut, sagt Leder, zur Not kommuniziere man eben "mit Händen und Füßen". Die Ukrainer hätten ein gutes technisches Verständnis.
Die Ausbildung verläuft in mehreren Schritten. Zunächst üben die Ukrainer, wo man das Patriot-System stationiert - damit es die beste Wirkung entfaltet und möglichst gut vor russischen Angriffen geschützt ist. Danach trainieren sie den Auf- und Abbau des Systems. Im Krieg muss das schnell gehen: Wenn die Zielerfassung des Radars aktiviert ist, kann es auch der Feind lokalisieren. "Bewegung ist der Schlüssel, um zu überleben", sagt Oberstleutnant Leder. Die Soldaten üben den Umgang mit den einzelnen Komponenten und schließlich das taktische Zusammenspiel und die Bekämpfung feindlicher Ziele. Scharf geschossen wird in Mecklenburg-Vorpommern nicht, dafür muss ein Simulator herhalten. Das funktioniere "wie ein Computerspiel", sagt Leder.
Der Ukraine fehlt es aber nicht nur an Abwehrsystemen, sondern auch an Soldaten. Diskutiert wird daher auch, ob wehrfähige Ukrainer, die in Deutschland leben, eingezogen werden sollten. Der ukrainische Kompaniechef hält nicht viel davon: "Wenn sie patriotisch wären, wären sie in der Ukraine. Aber es ist nicht richtig, jemanden zu zwingen, sein Vaterland zu verteidigen."