Anteil hat sich mehr als verdoppelt: Fast jeder zweite Bürgergeld-Bezieher ist Ausländer Kommen die Einwanderer in die Sozialsysteme oder in den Arbeitsmarkt?

Philip Fabian

Filipp Piatov

06.07.2024 - 20:21 Uhr

Fast jeder zweite Empfänger des sogenannten Bürgergelds ist gar kein Staatsbürger. Seit 2010 stieg der Anteil nicht deutscher Stütze-Empfänger von 19,6 Prozent auf 47,3 Prozent (2023), wie neue Zahlen der Bundesregierung zeigen. Ein Jobcenter in Berlin-Neukölln
Foto: picture alliance / Caro

Damit kletterte der Ausländer-Anteil unter den Bürgergeld-Empfängern deutlich schneller als in der Gesamtbevölkerung. Denn: Im gleichen Zeitraum erhöhte sich laut dem Statistischen Bundesamt der Anteil an Ausländern an der Gesamtbevölkerung "nur" von 9 auf 15 Prozent.

Auch in absoluten Zahlen haben sich die ausländischen Grundsicherungs-Empfänger seit 2010 mehr als verdoppelt - und dies, obwohl die Gesamtzahl der Bürgergeld- bzw. Hartz-IV-Empfänger zurückging.

Konkret:

?? 2010 bekamen 6.415.013 Menschen Stütze, darunter 1.254.961 Personen ohne deutschen Pass.

?? 2023 gab's 5.485.401 Bürgergeld-Bezieher, also fast eine Million weniger. Doch die Zahl der ausländischen Bürgergeld-Empfänger stieg um mehr als 1,3 Mio. auf 2.597.300.

?? Zuletzt wuchs der Ausländer-Anteil am Bürgergeld immer schneller: 2020 betrug er 37,6 Prozent, 2022 schon 43 Prozent.

Liegt es am Zustrom der Ukrainer?

703.660 Ukrainer waren 2023 Bürgergeld-Empfänger - das waren 12,8 Prozent aller Stütze-Bezieher. Aber: Auch wenn man die Ukrainer herausrechnet, die seit 2020 leistungsberechtigt wurden, stieg der Ausländer-Anteil am Bürgergeld (von 37,6 Prozent auf 39,8 Prozent).

Denn: Ein noch größerer Teil der Bürgergeld-Empfänger (16,7 Prozent bzw. 914 208) stammt aus nicht-europäischen Asylherkunftsländern wie Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien.

Einwanderung in Sozialsysteme oder in den Arbeitsmarkt?

Die Zahlen gab die Bundesregierung auf Anfrage des Bundestagsabgeordneten René Springer (AfD) heraus. "Die Einwanderung in unsere Sozialsysteme ist ein statistisch belegter Fakt", sagt er. Er fordert, dass Ausländern Bürgergeld grundsätzlich - wenn auch mit vielen Ausnahmen - verwehrt wird.

Auch Pascal Kober, Arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, kritisiert "Versäumnisse bei der Arbeitsmarktintegration, die nicht ehrgeizig und pragmatisch genug war". Ziel müsse eine "Einwanderung in den Arbeitsmarkt, nicht in die Sozialsysteme" sein.

Dr. Dominik Groll (IfW Kiel) widerspricht: "Es gibt auch eine Einwanderung in unseren Arbeitsmarkt. Jeder neu geschaffene Job wird rechnerisch bereits heute durch einen Ausländer besetzt."

Laut einer Sprecherin des Bundesamts für Arbeit und Soziales (BMAS) ist die Zahl deutscher Beschäftigter im April um rund 99 000 zum Vorjahr gesunken, die ausländische Beschäftigung dagegen um 311 000 gestiegen. Grob die Hälfte davon falle auf Ukrainer und Bürger aus Asylherkunftsländern wie Syrien, Irak und Afghanistan. Sie räumt aber ein: "Die eingetrübte Konjunktur macht die Vermittlung von Menschen in Arbeit derzeit deutlich schwieriger."

Prof. Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg, erklärt: "Erfahrungsgemäß steigen die Erwerbsquoten auch bei Flüchtlingen über einige Jahre dann aber deutlich."


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