Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die zweite Krisenstufe im Notfallplan Gas ausgerufen. Grund dafür sind die seit Mitte Juni bestehende Kürzung der russischen Gaslieferungen sowie die hohen Preise am Gasmarkt.
Die Lage sei derzeit "angespannt", die Versorgungssicherheit aber gewährleistet. Habeck sprach von einer "Gaskrise".
Erst im Mai billigte der Bundestag eine Änderung des Energiesicherheitsgesetzes (EnSiG), das den Energielieferanten erlaubt, im Fall einer ausgerufenen Alarmstufe die Preise direkt an die Verbraucher weiterzugeben. Das betriff sowohl Unternehmen wie auch private Haushalte.
Eine Zusatzregelung im Paragraf 24 des Gesetzes ist für die Verbraucher entscheidend: Erst wenn die Bundesnetzagentur eine "erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland" festgestellt habe, dürfen die Energielieferanten die Preise auf ein "angemessenes Niveau" erhöhen. Dieses Niveau sei aber nach oben nicht gedeckelt, sagt Energieexperte Thomas Engelke.
Nach der jetzigen Gesetzeslage kann der Paragraf 24 des EnSiG eine vertraglich gesicherte Preisgarantie aushebeln. Das gilt auch für Preisbindungen. Das heißt konkret: Auch wenn dem Verbraucher im Versorgungsvertrag eine "Preisgarantie" zugesichert wurde, ist diese nicht wirksam, falls es den Energielieferanten erlaubt wird, die Preise direkt an die Verbraucher weiterzureichen.
Es gibt allerdings zwei Bedingungen, damit dieser Paragraf 24 greift, erklärt die Verbraucherzentrale Bundesverband.
Zum einen muss die Alarmstufe Gas ausgerufen worden sein und zum anderen muss die Bundesnetzagentur auf dieser Grundlage eine "erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland" feststellen. Diese Feststellung muss im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Erst dann dürfen die Unternehmen die Preise erhöhen.
Schon jetzt muss ein Haushalt mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden Erdgas wegen der Preiserhöhungen der vergangenen Monate mit jährlichen Zusatzkosten in Höhe von 1000 bis 2000 Euro rechnen.
Sobald Alarmstufe und Feststellung durch die Bundesnetzagentur gelten, könnten noch weit höhere Zusatzkosten entstehen.
Das Gesetz lässt ihnen freien Spielraum. Die Versorger dürfen die Preise auf ein "angemessenes Niveau" anheben.
Gekürzt aus: focus.de | tagesspiegel