Von Alexander Bischoff
05.10.2022 05:50
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Juliane D. (36) war auf dem Weg zur Arbeit, als ihr bei Leipzig ein ukrainischer VW-Bus die Vorfahrt nahm. Seit dem Unfall am 15. Juli steht ihr kaputter Hyundai in der Werkstatt - denn bisher fand sich keine Versicherung, die den Schaden von rund 15.000 Euro regulieren wollte.
Das Deutsche Büro Grüne Karte (DBGK), das hierzulande Unfälle mit im Ausland zugelassenen Fahrzeugen reguliert, konnte für den ukrainischen VW keine Heimatversicherung ausfindig machen.
"Der Fall wurde nun an die Verkehrsopferhilfe weitergereicht, die meiner Mandantin helfen soll", berichtet Verkehrsrechtsanwalt Jan Vorwerg (52), der Juliane D. vertritt.
Kein Ausnahmefall: Auf TAG24-Nachfrage teilte der Gesamtverband der Versicherer (GDV) mit, dass seit dem Auslaufen der Sonderregelung für Ukrainer bereits rund 90 unregulierte Schadensfälle bei der Verkehrsopferhilfe (VOH) landeten.
"Das ist aber ein Hilfsverein, der nur in Ausnahmefällen in Anspruch zu nehmen ist - der ist meines Erachtens gar nicht in der Lage, flächendeckend Schäden unversicherter ukrainischer Fahrzeuge zu regulieren", wendet Verkehrsrechtsexperte Vorwerg ein.
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Rückblick: Bis zum 31. Mai hatten die deutschen Versicherer als Sonderinitiative alle Haftpflichtschäden, die ukrainische Fahrzeuge in Deutschland verursachten, reguliert. Laut GDV geschah dies in rund 300 Fällen.
Seit dem Auslaufen der Regel müssen die Ukrainer entweder eine Grüne Karte ihrer Heimat-Versicherung besorgen oder bei einer deutschen Versicherung eine Grenzversicherung (gilt bis zu einem Jahr) abschließen.
Wer das nicht macht und nun unversichert unterwegs ist, begeht eine Straftat und riskiert die behördliche Stilllegung des Fahrzeugs.
Doch offenbar wissen das nicht alle Flüchtlinge. Auch der Unfallgegner von Juliane D. war sich keiner Straftat bewusst und glaubte, noch pauschal in Deutschland versichert zu sein.
Im sächsischen Innenministerium scheint man die Brisanz des Problems noch nicht erkannt zu haben. Die Polizei führe bislang keine konkreten Kontrollen ukrainischer Fahrzeuge durch, um die Versicherungspflicht zu kontrollieren, erklärte eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage. Lediglich bei allgemeinen Verkehrskontrollen werde auch danach geschaut.
Für Verkehrsrechtsanwalt Vorwerg unverständlich: "Hier soll es ja nicht ums Bestrafen gehen, sondern vorrangig ums Informieren der Flüchtlinge, dass sie jetzt für Deutschland eine Haftpflichtversicherung brauchen". Dafür sei die Polizei nicht da, entgegnete die Sprecherin des Innenministeriums.