1076 Mal rückten Beamte im Jahr 2023 an: Fünf Polizei-Einsätze pro Tag an Berliner Schulen

Von: Hildburg Bruns

18.03.2024 - 20:18 Uhr

10. Oktober, 2023, Ernst-Abbe-Gymnasium (Sonnenallee). Ein 14-jähriger Schüler brachte eine Palästinenserfahne mit auf den Schulhof. Der Lehrer forderte den Schüler auf, sie wegzustecken. Darauf kam es zu einer Schlägerei. Ein Video zeigt einen 15-Jährigen, der sich einschaltete - der Lehrer ging nach Kopfstoß und Bauchtritt zu Boden.

Foto:© dpa/Oliver Berg

Berlin - An jedem Schultag musste die Berliner Polizei im vergangenen Jahr durchschnittlich mindestens fünf Mal zu einem Zwischenfall auf einem Pausenhof, in eine Klasse oder vor das Gelände von Grund- und Oberschulen ausrücken.

TATORT SCHULE!

Es sind alarmierende Zahlen mit steigender Tendenz, die BILD von der Polizei erfuhr:

Gewalt an Schulen schnellt hoch

3. Mai, Mainzer Straße (Neukölln). Der Täter (39) kletterte über den Zaun und griff zwei Mädchen (7, 8) an den Tischtennisplatten mit einem Küchenmesser an. Die Opfer kamen mit Rettungshubschrauber in die Uni-Klinik, überlebten nur nach Notoperationen. Ein Gericht entschied im Januar: Der Täter (paranoiden Schizophrenie) sei schuldunfähig, aber allgemeingefährlich, muss in die Psychiatrie
Foto: Jörg Bergmann

Nach einer kurzen Coronapause ohne Präsenzunterricht verdoppelte sich schon 2022 die Zahl der Straftaten insgesamt: von 3796 auf 6113. Nicht jedes Mal mussten die Beamten anrücken.

Krass gesteigert hat sich dabei die Zahl der Rohheitsdelikte (Bedrohung, Raub, Körperverletzung etc.) von 1133 auf 2344. Heißt: Gewalt an Schulen nimmt zu!

"Für 2023 ist eine erneute deutliche Steigerung mit der Tatörtlichkeit Schule zu verzeichnen", so Polizeisprecherin Anja Dierschke.

Die genauen Zahlen werden erst bei der Präsentation der nächsten Kriminalstatistik preisgegeben. Es geht insgesamt ruppiger zu, wie auch die annähernde Verdoppelung der Beleidigungen (von 249 auf 477) zeigt.

Diese Rolle spielt Corona bei den Zahlen

"Gewaltvorfälle nehmen wir außerordentlich ernst und bieten Unterstützung und ganz konkrete Hilfe vor Ort an", so Martin Klesmann, Sprecher der Bildungsverwaltung in Berlin.

Sein Erklärungsversuch: "Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Anstieg auch ein Stück weit mit dem Ende der Pandemie einhergeht. Es findet wieder mehr öffentliches Leben vor der Tür statt."

12. Dezember, Efeuweg (Gropiusstadt). Der Auslöser für die Massen-Schlägerei war lächerlich: Streit um einen Fußball zwischen 14- und 15-Jährigen auf dem Schulhof! Ein Beteiligter zückte Pfefferspray, ein anderer sprühte zurück. Lehrer die schlichten wollten, wurden ebenfalls attackiert. Die Schulleiterin (52) brach sich einen Finger. Streifenwagen rückten an, fünf Jugendliche suspendiert
Foto: Timo Beurich

Aber auch die Handys spielen eine wichtige Rolle. Klesmann: "Mit Sorge betrachten wir, dass viele Jugendliche ungefilterte Gewaltdarstellungen über Social Media wahrnehmen und auch dadurch gegebenenfalls die Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen beeinflusst wird."

Tatort Schule
20212022
Straftaten insgesamt37966113
darunter...
Beleidigung249477
Rauschgiftdelikte6061
Rohheitsdelikte11332344
davon...
Bedrohung185361
fahrlässige Körperverletzung13 45
gefährliche Körperverletzung192400
Körperverletzung (vorsätzlich)6411370
Misshandlung von Kindern54
Nachstellung/Stalking119
Raub (inkl. Straßen)629
Nötigung5879
So ist die Lage in anderen Bundesländern

Quelle: